8.4 Klinik
der Dünndarmerkrankungen |
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Die
Absorption, d.h. die Aufnahme von Nahrungsstoffen aus dem Darmlumen, vollzieht
sich überwiegend im Dünndarm. Erkrankungen, welche diffus den
Dünndarm befallen, führen daher häufig zu Absorptionsstörungen,
die man als Malabsorption bezeichnet. |
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Malabsorption |
Folgen der Malabsorption
sind ein Mangel an Fett, Kohlenhydraten, Eiweiß, Elektrolyten (Natrium,
Kalium, Kalzium), Wasser und Vitaminen (fettlösliche Vitamine A, D,
E, K sowie wasserlösliche B-Vitamine). |
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Folgen |
Leitsymptome der Malabsorption
sind Durchfälle in Form voluminöser Fettstühle und verschiedene
Mangelerscheinungen. |
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Leitsymptome |
Die Maldigestion, d.h. eine
mangelhafte Verdauung, kann folgende Ursachen haben: Achylie, ausgedehnte
Magenresektionen, Pankreasinsuffizienz, entzündliche Darmerkrankungen
und Störungen der Darmbakterienflora. Zur Unterscheidung zwischen
Maldigestion und Malabsorption dienen verschiedene Absorptionstests (s.
Abb. 76). |
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Maldigestion |
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Abb.
76: Malabsorption - Leitsymptome, Ursachen und Folgen |
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Abb. 76 |
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8.4.1 Zöliakie/Sprue |
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Definition: Die Zöliakie
oder einheimische Sprue (idiopathische Steatorrhoe) ist eine hereditäre
Dünndarmerkrankung, die chronisch verläuft und mit Fettstühlen
und Malabsorptionssymptomen einhergeht. |
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Die beim Kind als Zöliakie
bezeichnete Krankheit wird beim Erwachsenen Sprue genannt. |
Die eigentliche Ursache
der Krankheit ist unbekannt. Die Symptome werden durch das im Weizen und
Roggen enthaltene Gluten (Klebereiweiß) ausgelöst und
bessern sich bei glutenfreier Ernährung. |
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Ätiologie |
Typisch ist eine Atrophie
der Schleimhautzotten im Jejunum und damit eine Abnahme der resorbierenden
Darmoberfläche. |
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Pathologische
Anatomie |
Die Erkrankung, die in jedem
Alter auftreten kann und Frauen häufiger betrifft, führt zu chronischen
Durchfällen mit Fettstühlen und zahlreichen Mangelerscheinungen: |
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Klinisches
Bild |
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Der Fettmangel bedingt neben
einer Gewichtsabnahme ein Defizit an fettlöslichen Vitaminen. Daher
kommt es zu Nachtblindheit (Vitamin A), Rachitis beim Kind und Knochenerweichung
(Osteomalazie) beim Erwachsenen (Vitamin D) sowie zu hämorrhagischer
Diathese (Vitamin K - s. S. 207). |
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Der Mangel an wasserlöslichen
Vitaminen der B-Gruppe führt zu neurologischen Ausfallerscheinungen,
Hautveränderungen und perniziosaähnlichen Anämien (Vitamin
B 12 - s. Kap. 3.3.1.4 ). |
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Folgen des Eiweißmangels
sind Muskelschwund, Gewichtsabnahme, Verminderung der Bluteiweiße
und Ödeme. Hinzu kommen Eisen-, Kalium- und Kalziummangel, die sich
in Muskelkrämpfen und Osteoporose äußern. |
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Wichtig ist eine fettarme,
glutenfreie Kost in Form von Mais, Reis, Kartoffeln und glutenfreiem
Brot sowie die parenterale Zufuhr der fehlenden Vitamine, Elektrolyte und
des Eisens. |
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Therapie |
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8.4.2 Morbus
Crohn |
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Definition: Der Morbus
Crohn (Ileitis terminalis, Enteritis regionalis) ist eine chronisch-entzündliche
Erkrankung, die vorwiegend den untersten Ileumabschnitt, das terminale
Ileum, befällt. Es können jedoch alle Anteile des Verdauungskanals
vom Ösophagus bis zum Anus betroffen sein. Die Entzündung befällt
die ganze Darmwand bis in die benachbarte Umgebung. |
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Die Ätiologie ist unklar.
Möglicherweise handelt es sich um eine immunologisch bedingte Erkrankung
auf dem Boden einer genetisch bedingten Veranlagung. |
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Ätiologie |
Die Erkrankung, die meist
jüngere Menschen betrifft, verläuft schubweise mit Schmerzen
im rechten Mittel-/Unterbauch, die von z.T. blutigen Durchfällen begleitet
werden. Des Weiteren bestehen Fieber und Fistelbildungen im Ileozoekal-
und Analbereich. Nicht selten wird unter der Fehldiagnose Blinddarmentzündung
operiert. Bei längerem Verlauf kommt es zu Malabsorptionserscheinungen.
Miterkrankungen anderer Organe wie Haut, Augen und Gelenke sind möglich. |
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Klinisches
Bild |
Die Diagnose wird durch
Röntgenuntersuchungen des Dünn-Dickdarms sowie durch Endoskopie
und Biopsien gestellt. |
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Diagnose |
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Abb. 77: Morbus Crohn |
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Abb. 77 |
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Die Kost sollte leicht und
ausgewogen, ggf. milcharm sein. Mittel der ersten Wahl sind Kortikoide,
Salazosulfapyridin (z.B. Azulfidine) und 5-ASA (Salofalk®,
Claversal®). Als Medikament der zweiten Wahl gilt Metronidazol
(z.B. Clont®, Flagyl®), als Reservemedikament
Imurek®. |
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Therapie |
Operationsindikationen sind
innere Fistelbildungen, Darmstenosen oder die - allerdings seltene - Perforation.
Die Operation sollte möglichst Darm erhaltend sein. Eine Heilung der
Krankheit durch eine Operation ist jedoch nicht möglich. |
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Operations-
indikationen |
Die Prognose ist aufgrund
des chronischen Verlaufs und der Rezidivneigung ungünstig. |
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Prognose |
Da es sich meist um jüngere
Patienten mit deutlich eingeschränkter Lebensqualität handelt,
denen zudem die ungünstige Prognose ihrer Krankheit bald klar wird
und die häufig recht differenziert sind, werden sie nicht selten als
"schwierig" erlebt. Ein behutsamer und einfühlender Umgang ist daher
wichtig. Eine Psychotherapie und der Anschluss an eine Selbsthilfegruppe
können von Nutzen sein. |
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Psychosoziale
Aspekte |
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8.4.3 Morbus
Whipple |
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Definition: Beim
Morbus Whipple handelt sich um eine sehr seltene, wahrscheinlich bakteriell
bedingte Dünndarmerkrankung (lipophage Intestinalgranulomatose). |
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Typisch sind subfebrile
Temperaturen, Lymphknotenschwellungen, Bauchschmerzen, Malabsorptionssyndrom
und evtl. Polyarthritis. Die Erkrankung spricht gut auf Tetrazykline an. |
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Symptome und
Therapie |
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8.4.4 Dünndarmtumoren
- Karzinoid |
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Dünndarmtumoren sind
wesentlich seltener als Tumoren des Magens oder des Dickdarms. |
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Definition: Das Karzinoid
ist ein meist im Wurmfortsatz oder terminalen Ileum lokalisierter, oft
nur kirschgroßer Tumor niedrigen Malignitätsgrads. |
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Das Karzinoid metastasiert
erst nach Jahren in die Leber und die Lungen. Seine Eigenart besteht in
der Produktion von Serotonin, einem Gewebshormon. Die Ausschüttung
größerer Mengen von Serotonin in den Kreislauf ist verantwortlich
für die klinischen Symptome. |
Durchfälle, anfallsartige,
für wenige Minuten auftretende Rötung des Gesichts mit Hitzegefühl,
sog. "flush" und Atemnot sind die führenden Symptome. In Spätstadien
finden sich Veränderungen am Endokard des rechten Herzens. Karzinoide
kommen ausnahmsweise auch im Magen oder im Bronchialsystem vor. |
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Klinisches Bild |
Die Diagnose lässt
sich neben dem endoskopischen und bioptischen Befund durch den Nachweis
von Serotoninabbauprodukten im Urin stellen. |
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Diagnose |
Die Therapie besteht in
der chirurgischen Entfernung des Tumors. Die Durchfälle können
mit Deseril, einem Gegenspieler des Serotonins, behandelt werden. |
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Therapie |
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