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Linus Geisler: INNERE MEDIZIN (18) © 1969/2002 W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart Berlin Köln 
8.4 Klinik der Dünndarmerkrankungen
8.4.1 Zöliakie/Sprue
8.4.2 Morbus Crohn
8.4.3 Morbus Whipple
8.4.4 Dünndarmtumoren - Karzinoid
 
8.4 Klinik der Dünndarmerkrankungen
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Die Absorption, d.h. die Aufnahme von Nahrungsstoffen aus dem Darmlumen, vollzieht sich überwiegend im Dünndarm. Erkrankungen, welche diffus den Dünndarm befallen, führen daher häufig zu Absorptionsstörungen, die man als Malabsorption bezeichnet. Malabsorption
Folgen der Malabsorption sind ein Mangel an Fett, Kohlenhydraten, Eiweiß, Elektrolyten (Natrium, Kalium, Kalzium), Wasser und Vitaminen (fettlösliche Vitamine A, D, E, K sowie wasserlösliche B-Vitamine). Folgen
Leitsymptome der Malabsorption sind Durchfälle in Form voluminöser Fettstühle und verschiedene Mangelerscheinungen. Leitsymptome
Die Maldigestion, d.h. eine mangelhafte Verdauung, kann folgende Ursachen haben: Achylie, ausgedehnte Magenresektionen, Pankreasinsuffizienz, entzündliche Darmerkrankungen und Störungen der Darmbakterienflora. Zur Unterscheidung zwischen Maldigestion und Malabsorption dienen verschiedene Absorptionstests (s. Abb. 76). Maldigestion
Abb. 76: Malabsorption - Leitsymptome, Ursachen und Folgen Abb. 76
Abb. 76 - klein
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8.4.1 Zöliakie/Sprue
Definition: Die Zöliakie oder einheimische Sprue (idiopathische Steatorrhoe) ist eine hereditäre Dünndarmerkrankung, die chronisch verläuft und mit Fettstühlen und Malabsorptionssymptomen einhergeht.
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Die beim Kind als Zöliakie bezeichnete Krankheit wird beim Erwachsenen Sprue genannt.
Die eigentliche Ursache der Krankheit ist unbekannt. Die Symptome werden durch das im Weizen und Roggen enthaltene Gluten (Klebereiweiß) ausgelöst und bessern sich bei glutenfreier Ernährung. Ätiologie
Typisch ist eine Atrophie der Schleimhautzotten im Jejunum und damit eine Abnahme der resorbierenden Darmoberfläche. Pathologische Anatomie
Die Erkrankung, die in jedem Alter auftreten kann und Frauen häufiger betrifft, führt zu chronischen Durchfällen mit Fettstühlen und zahlreichen Mangelerscheinungen: Klinisches Bild
•  Der Fettmangel bedingt neben einer Gewichtsabnahme ein Defizit an fettlöslichen Vitaminen. Daher kommt es zu Nachtblindheit (Vitamin A), Rachitis beim Kind und Knochenerweichung (Osteomalazie) beim Erwachsenen (Vitamin D) sowie zu hämorrhagischer Diathese (Vitamin K - s. S. 207).
Der Mangel an wasserlöslichen Vitaminen der B-Gruppe führt zu neurologischen Ausfallerscheinungen, Hautveränderungen und perniziosaähnlichen Anämien (Vitamin B 12 - s. Kap. 3.3.1.4 ).
Folgen des Eiweißmangels sind Muskelschwund, Gewichtsabnahme, Verminderung der Bluteiweiße und Ödeme. Hinzu kommen Eisen-, Kalium- und Kalziummangel, die sich in Muskelkrämpfen und Osteoporose äußern.
Wichtig ist eine fettarme, glutenfreie Kost in Form von Mais, Reis, Kartoffeln und glutenfreiem Brot sowie die parenterale Zufuhr der fehlenden Vitamine, Elektrolyte und des Eisens. Therapie
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8.4.2 Morbus Crohn
Definition: Der Morbus Crohn (Ileitis terminalis, Enteritis regionalis) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die vorwiegend den untersten Ileumabschnitt, das terminale Ileum, befällt. Es können jedoch alle Anteile des Verdauungskanals vom Ösophagus bis zum Anus betroffen sein. Die Entzündung befällt die ganze Darmwand bis in die benachbarte Umgebung.
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Die Ätiologie ist unklar. Möglicherweise handelt es sich um eine immunologisch bedingte Erkrankung auf dem Boden einer genetisch bedingten Veranlagung. Ätiologie
Die Erkrankung, die meist jüngere Menschen betrifft, verläuft schubweise mit Schmerzen im rechten Mittel-/Unterbauch, die von z.T. blutigen Durchfällen begleitet werden. Des Weiteren bestehen Fieber und Fistelbildungen im Ileozoekal- und Analbereich. Nicht selten wird unter der Fehldiagnose Blinddarmentzündung operiert. Bei längerem Verlauf kommt es zu Malabsorptionserscheinungen. Miterkrankungen anderer Organe wie Haut, Augen und Gelenke sind möglich. Klinisches Bild
Die Diagnose wird durch Röntgenuntersuchungen des Dünn-Dickdarms sowie durch Endoskopie und Biopsien gestellt. Diagnose
Abb. 77: Morbus Crohn Abb. 77
Abb. 77: M. Crohn
Die Kost sollte leicht und ausgewogen, ggf. milcharm sein. Mittel der ersten Wahl sind Kortikoide, Salazosulfapyridin (z.B. Azulfidine) und 5-ASA (Salofalk®, Claversal®). Als Medikament der zweiten Wahl gilt Metronidazol (z.B. Clont®, Flagyl®), als Reservemedikament Imurek®. Therapie
Operationsindikationen sind innere Fistelbildungen, Darmstenosen oder die - allerdings seltene - Perforation. Die Operation sollte möglichst Darm erhaltend sein. Eine Heilung der Krankheit durch eine Operation ist jedoch nicht möglich. Operations-
indikationen
Die Prognose ist aufgrund des chronischen Verlaufs und der Rezidivneigung ungünstig. Prognose
Da es sich meist um jüngere Patienten mit deutlich eingeschränkter Lebensqualität handelt, denen zudem die ungünstige Prognose ihrer Krankheit bald klar wird und die häufig recht differenziert sind, werden sie nicht selten als "schwierig" erlebt. Ein behutsamer und einfühlender Umgang ist daher wichtig. Eine Psychotherapie und der Anschluss an eine Selbsthilfegruppe können von Nutzen sein. Psychosoziale Aspekte
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8.4.3 Morbus Whipple
Definition: Beim Morbus Whipple handelt sich um eine sehr seltene, wahrscheinlich bakteriell bedingte Dünndarmerkrankung (lipophage Intestinalgranulomatose).
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Typisch sind subfebrile Temperaturen, Lymphknotenschwellungen, Bauchschmerzen, Malabsorptionssyndrom und evtl. Polyarthritis. Die Erkrankung spricht gut auf Tetrazykline an. Symptome und Therapie
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8.4.4 Dünndarmtumoren - Karzinoid
Dünndarmtumoren sind wesentlich seltener als Tumoren des Magens oder des Dickdarms.
Definition: Das Karzinoid ist ein meist im Wurmfortsatz oder terminalen Ileum lokalisierter, oft nur kirschgroßer Tumor niedrigen Malignitätsgrads.
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Das Karzinoid metastasiert erst nach Jahren in die Leber und die Lungen. Seine Eigenart besteht in der Produktion von Serotonin, einem Gewebshormon. Die Ausschüttung größerer Mengen von Serotonin in den Kreislauf ist verantwortlich für die klinischen Symptome.
Durchfälle, anfallsartige, für wenige Minuten auftretende Rötung des Gesichts mit Hitzegefühl, sog. "flush" und Atemnot sind die führenden Symptome. In Spätstadien finden sich Veränderungen am Endokard des rechten Herzens. Karzinoide kommen ausnahmsweise auch im Magen oder im Bronchialsystem vor. Klinisches Bild
Die Diagnose lässt sich neben dem endoskopischen und bioptischen Befund durch den Nachweis von Serotoninabbauprodukten im Urin stellen. Diagnose
Die Therapie besteht in der chirurgischen Entfernung des Tumors. Die Durchfälle können mit Deseril, einem Gegenspieler des Serotonins, behandelt werden. Therapie
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Linus Geisler: INNERE MEDIZIN. 18. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart Berlin Köln, 2002
© 1969/2002 W. Kohlhammer Verlag
Autorisierte Online-Veröffentlichung: Homepage Linus Geisler - www.linus-geisler.de
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