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Linus Geisler: INNERE MEDIZIN (18) © 1969/2002 W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart Berlin Köln 
8.3 Leitsymptome bei Darmkrankheiten
8.3.1 Diarrhoe
8.3.2 Obstipation
8.3.3 Meteorismus
8.3.4 Darmblutung
8.3.5 Ileus 
 
8.3 Leitsymptome bei Darmkrankheiten
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8.3.1 Diarrhoe
Definition: Als Diarrhoe (Durchfälle) bezeichnet man gehäufte, breiig-flüssige Stuhlentleerungen 
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Sie können auf folgenden Ursachen beruhen:
•  verminderte Resorption des Darminhaltes,
vermehrte Sekretion im Dünn- und Dickdarm oder
gestörte intestinale Motilität.
Ursachen
Ursachen akuter und chronischer Durchfälle s. Tab. 37. 
Enthalten die Durchfälle Blut, Schleim und Eiter, so spricht man von einer Dysenterie, deren Hauptursachen Shigellen und Amöben sind. Die sog. Touristendiarrhoe - je nach Besuchsland "Tourista", "Rache Montezumas", "Delhi-Bauch" etc. genannt - wird am häufigsten durch Salmonellen, Shigellen oder spezielle Kolibakterien infolge von Nahrungsmittel- und Trinkwasserverunreinigungen hervorgerufen.
Tab. 37: Ursachen akuter und chronischer Durchfälle Tab. 37
Ursachen
1. Akuter Durchfall
 •  Bakterien  Salmonellen (Typhus, Paratyphus)
 Shigellen (Bakterienruhr)
 Staphylokokken
 Clostridium botulinum (Botulismus)
 Escherichia coli
 Yersinia enterocolitica
 Campylobacter jejuni
 •  Viren  Enteroviren (ECHO-Viren, Coxsackie-Viren, Rota-Viren)
 •  Parasiten  Amöben (Amöbenruhr)
 Choleravibrionen (Cholera)
 Lamblien, Würmer, Pilze
 •  Medikamente  Antibiotika 
 Abführmittel, Digitalis, Zytostatika, Mannit, Sorbit
 •  Toxine  Pilze, Staphylokokken-Endotoxin
Ursachen
2. Chronischer Durchfall
 •  Funktionelle Störungen  Reizkolon, Colica mucosa
 •  Organische Erkrankungen:
     -  Entzündungen
     -  Tumore

 Kolitis, Ileitis, Divertikulitis, Tuberkulose,
 Karzinome, Polypen
 •  Maldigestion  fehlerhafte Verdauung (Salzsäuremangel), 
 Pankreaserkrankungen, Zustände nach Magen-Darm-Operation
 •  Malabsorption  Störung der Nahrungsaufnahme aus dem Darm
 •  Chronische Infekte  Tuberkulose, Amöben
 •  Nahrungsmittel  Nahrungsmittelallergie, Milchunverträglichkeit
 •  Endokrine Erkrankungen  Hyperthyreose, Karzinoid-Syndrom, Vipome
 •  Chronischer Alkoholabusus  
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8.3.2 Obstipation
Definition: Die verzögerte Entleerung eines meist harten Stuhls wird Obstipation (Verstopfung) genannt.
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Die Krankheit kann als jahrelang bestehendes selbstständiges Leiden, sog. habituelle Obstipation, vorkommen oder Folge anderer Erkrankungen bzw. Zustände wie Fieber, längere Bettruhe, Ortswechsel, Tumoren des Dickdarms etc. sein. Ursachen
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8.3.3 Meteorismus
Definition: Einen vermehrten Gasgehalt im Magen-Darm-Trakt nennt man Meteorismus. 
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Er kann folgende Ursachen haben:
•  Luftschlucken (Aerophagie),
Behinderung der Darmpassage (Subileus, Ileus),
Leberzirrhose (Meteorismus im Vorstadium der Aszitesbildung),
blähende Speisen (Kohl, Bohnen, Linsen, Zwiebeln),
bakteriell bedingte Gärungs- und Fäulnisprozesse,
Tonus- und Motilitätsstörungen des Darmes.
Ursachen
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8.3.4 Darmblutung
Frisches, rotes Blut stammt meist aus dem Sigma, Rektum oder After und kann ein Hinweis auf einen Tumor, Entzündung, Fissuren oder Hämorrhoiden sein. Melaena (Teerstühle) setzen eine Blutung von mindestens 100 ml aus Ösophagus, Magen, Duodenum oder Ileum voraus. Ursachen
Hauptursachen einer Melaena in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit sind:
•  peptische Ulzera und Erosionen, d.h. flache Defekte der Magenschleimhaut (60-70 %),
Ösophagusvarizen (10 %),
Mallory-Weiß-Syndrom,
Ösophagus- oder Magenkarzinom,
Hiatushernie,
Polypen,
Mesenterialinfarkte,
Antikoagulanzienbehandlung.
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8.3.5 Ileus
Definition: Als Ileus (Darmverschluss) bezeichnet man eine lebensbedrohliche Unterbrechung der Darmpassage.
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Die Unterbrechung kann durch ein mechanisches Hindernis (mechanischer Ileus) oder durch eine Darmlähmung (paralytischer Ileus), welche ebenfalls den Weitertransport des Darminhaltes verhindert, zustande kommen. Ileusformen
8.3.5.1 Mechanischer Ileus
Der mechanische Ileus kann durch eine Strangulation (Abschnürung) des Darmes von außen (Strangulations-Ileus) oder durch eine Verlegung des Darmlumens (Okklusions-Ileus) zustande kommen. Ursachen
Zur Strangulation führen Einklemmungen von Eingeweidebrüchen, Briden (Verwachsungssträngen) oder eine Achsendrehung des Darmes, die Volvulus genannt wird und meist das Sigma oder Zökum betrifft. Strangulationsileus
Die Okklusion entsteht vor allem durch maligne Tumoren, seltener durch narbige Veränderungen, Fremdkörper oder eine Invagination, d.h. die Einstülpung eines Darmabschnittes in einen benachbarten. Die Invagination, vor allem die des Ileums in das Zökum, ist eine häufige Ursache des kindlichen Ileus. Beim Erwachsenen entsteht der mechanische Ileus vorwiegend durch Brucheinklemmung - z.B. von Leisten-, Schenkel- und Nabelbrüchen - und Dickdarmkarzinome. Okklusionsileus
Leitsymptome des mechanischen Ileus sind heftige, wehenartige Bauchschmerzen, Erbrechen, z.T. Koterbrechen, Stuhl- und Windverhaltung und Meteorismus. Hinzu kommen Schocksymptome durch Verlust von großen Mengen elektrolythaltiger Flüssigkeit. Gasblähung und Stockung des Darminhalts führen zu einer Schädigung der Darmwand, die ihrerseits eine Hemmung der Peristaltik zur Folge hat. Klinisches Bild
Die Diagnose kann aufgrund der Stuhl- und Windverhaltung meist schon aus der Anamnese und aufgrund der Schmerzen und des Erbrechens anhand des klinischen Bildes gestellt werden. Die im Stehen angefertigte Röntgenaufnahme zeigt zahlreiche Flüssigkeitsspiegel im Darm mit darüberliegenden Gaskuppeln. Diagnose
Merke: Die möglichst frühzeitige Diagnose des mechanischen Ileus ist unerlässlich, da sich mit jeder Stunde die Prognose verschlechtert.
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8.3.5.2 Paralytischer Ileus
Hauptursache des paralytischen Ileus ist die diffuse Peritonitis durch Eitererreger (z.B. perforierte Appendizitis), Durchbruch eines peptischen Ulkus, Gallenblasenperforation oder eine akute Pankreatitis. Auch die Thrombose oder Embolie der Darmgefäße (Mesenterialthrombose/Embolie) führen zum Absterben der betroffenen Darmabschnitte, zum sog. Mesenterialinfarkt, und so zur Darmlähmung. Der Gewebsuntergang ist an der blauschwarzen Verfärbung erkennbar. Ursachen
Andere Ursachen des paralytischen Ileus sind stumpfe Bauchverletzungen, Blutungen im Bauchraum, Nierenversagen, Kaliumverluste und das Coma diabeticum (s. Abb. 75).
Bauchschmerzen, Abwehrspannung der stark berührungsempfindlichen Bauchdecken, verfallenes Aussehen mit tiefliegenden Augen, spitze, kalte Nase, Blässe und Erbrechen - vorwiegend als "Überlaufen" von Magen-Darm-Inhalt -, zunehmender Meteorismus sowie Stuhl- und Windverhaltung sind die Leitsymptome. Klinik
Für die Unterscheidung zwischen mechanischem und paralytischem Ileus sind die Darmgeräusche ausschlaggebend:
•  Beim mechanischen Ileus finden sich infolge der gesteigerten Peristaltik zur Überwindung der Stenose verstärkte, oft schon ohne Stethoskop hörbare Darmgeräusche.
•  Beim paralytischen Ileus fehlen aufgrund der Darmlähmung die Darmgeräusche u.U. völlig. Man spricht bezeichnenderweise von einer "Totenstille" im Bauchraum.
Diagnose und
Differenzialdiagnose
Abb. 75: Mechanischer und paralytischer Ileus - Ursachen und Symptome Abb. 75
Abb. 75 - klein
Vergrößerung
Die Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr erfolgt durch Infusionen. In erster Linie muss der geschädigte Darm entlastet werden (Dekompression), was am Besten durch Absaugen des Darminhalts erfolgt. Der mechanische Ileus stellt eine absolute Operationsindikation dar. Die Operation besteht in der Beseitigung der Brucheinklemmung, Durchtrennung von Verwachsungssträngen, Tumorentfernung etc. Therapie
Beruht der paralytische Ileus auf einer Perforation oder Peritonitis, muss ebenfalls sofort operiert werden. Bei leichteren Verläufen kommen Bepanthen®, Paspertin® und Prostigmin® als i.v.-Infusion zur Peristaltikanregung in Betracht.
Übersicht 38: Pflegerische Schwerpunkte bei Patienten mit Ileus Übersicht 38
•  Bis zur definitiven Abklärung dem Patienten keine Analgetika oder Spasmolytika und keine Einläufe oder Abführmittel verabreichen!
Bauchdeckenentlastende Lagerung (Knierolle).
Kontrolle der Ausscheidung und ggf. des Erbrochenen.
Nahrungskarenz, ev. Magensonde legen.
Engmaschige Vitalzeichenkontrolle - auf Schocksymptome achten!
Bei mechanischem Ileus muss eine sofortige OP-Vorbereitung des Patienten erfolgen.
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Linus Geisler: INNERE MEDIZIN. 18. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart Berlin Köln, 2002
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Autorisierte Online-Veröffentlichung: Homepage Linus Geisler - www.linus-geisler.de
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