Start  <  Monografien  <  Innere Medizin - Kap. 2  <   Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems - 2.3.9.3 bis 2.3.10 -
Linus Geisler: INNERE MEDIZIN © 1969/1999 W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart Berlin Köln 
2.3.9.3 Therapie der Hypertonie
2.3.10 Hypotonie
2.3.9.3 Therapie der Hypertonie
_____
Eine operative Therapie ist nur selten möglich und bei folgenden Erkrankungen indiziert:
  endokriner Hochdruck (Phäochromozytom, Cushing-Syndrom),
  Nierenarterienstenosen (neben der operativen Beseitigung spielt die Ballondilatation zunehmend eine Rolle),
  Aortenisthmusstenose (vor dem 30. Lebensjahr),
  einseitige kleine Niere (Hochdruckdauer nicht länger als 2 Jahre).
Operative Therapie
Jede operativ nicht zu beseitigende Hypertonie muss meistens lebenslang medikamentös behandelt werden. Im Gegensatz zur früher schematisch gehandhabten Therapie wird heute die individualisierte Hypertonietherapie bevorzugt, die auch die Begleiterkrankungen und Zusatzkriterien beim Patienten individuell berücksichtigt, z.B. Bevorzugung von Diuretika und ACE-Hemmern bei Herzinsuffizienz oder Betablockern und Calziumantagonisten bei koronarer Herzkrankheit. Die Grenzwerthypertonie ist bei gleichzeitigem Vorliegen anderer Risikofaktoren der koronaren Herzkrankheit ebenfalls behandlungsbedürftig. Ziel jeder Hochdruckbehandlung ist eine Senkung der Blutdruckwerte auf etwa 140/80 mm Hg. Die Selbstmessung des Blutdrucks erleichtert bei kooperativen und verständigen Patienten die optimale Blutdruckeinstellung wesentlich.
Es ist erwiesen, dass die medikamentöse Hypertoniebehandlung durch Verringerung wichtiger hochdruckbedingter Komplikationen wie Apoplexie, Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz prognoseverbessernd wirkt. Dies gilt auch für den älteren Hypertoniepatienten.
Medikamentöse Therapie
Für die Monotherapie eignen sich fünf Substanzgruppen:
  ß-Blocker,
  Diuretika,
  Calciumantagonisten,                 .
•  ACE-Hemmer,
  Alpha-1-Blocker.
Für die Kombinationstherapie kommen in Betracht:
  Diuretikum und ß-Blocker,
  Diuretikum und Calciumantagonist,
  Diuretikum und ACE-Hemmer,
  Diuretikum und Alpha-1-Blocker 
   oder
  Calciumantagonist und ß-Blocker
  Calciumantagonist und ACE-Hemmer.
Die Basistherapie kann mit einem Betablocker, Diuretikum, Calciumantagonisten oder ACE-Hemmer durchgeführt werden. Reicht ein Basistherapeutikum nicht aus, so kann auf eine andere Monotherapie gewechselt werden. Ist eine Monotherapie nicht ausreichend wirksam, wird eine Zweier- oder, falls erforderlich, eine Dreierkombination eingesetzt. Eine Dreierkombination sollte immer ein Diuretikum beinhalten (z.B. Diuretikum und ACE-Hemmer und Calciumantagonist).
Viele Antihypertensiva können vor allem zu Behandlungsbeginn unangenehme Nebenwirkungen entfalten. Die häufigsten sind: Müdigkeit, Blutdruckabfall im Stehen (Orthostase) mit Schwindel, Schwarzwerden vor den Augen und Ohnmacht, Hypokaliämie, Anstieg der Harnsäure im Serum und Verschlechterung des Kohlenhydratstoffwechsels (Diuretika).
Eine therapierefraktäre Hypertonie wird angenommen, wenn eine Kombination von drei Antihypertensiva in adäquater Dosierung nicht genügend wirksam ist. In solchen Fällen kommt die zusätzliche Gabe von Minoxidil in Frage.
Nebenwirkungen
der Antihypertensiva
Tab. 15: Die wichtigsten blutdrucksenkenden Medikamente (Antihypertensiva) für die Langzeittherapie
 Chemische Kurzbezeichnung  Handelspräparate (Auswahl)
 1. Diuretika
 Hydrochlorothiazid 
 Chlortalidon 
 Triamteren 
 Amilorid 
 Amilorid + Hydrochlorthiazid 
 Triamteren + Hydrochlorothiazid
 -
 Esidrix® 
 Hygroton® 
 Jatropur® 
 Arumil® 
 Moduretik® 
 Dytide H®
 2. Betarezeptorenblocker
 -
 -
 -
 -
 -
 Dociton® 
 Beloc® 
 Visken® 
 Tenormin®
 3. Calcium-Antagonisten
 Verapamil 
 Nifedipin 
 Diltiazem
 -
 Isoptin® 
 Adalat® 
 Dilzem®
 4. ACE-Hemmer
 Captopril 
 Enalapril 
 Ramipril 
 Lisinopril 
 Perindopril
 -
 Lopirin® 
 Xanef® 
 Vesdil® 
 Acerbon® 
 Coversum®
 5. Alpha-1-Rezeptorenblocker
 Prazosin 
 Terazosin 
 Doxazosin
 -
 Minipress® 
 Heitrin® 
 Diblocin®
 6. Zentral wirkende Alphamimetika
 Clonidin 
 Urapidil 
 Guanfacin 
 Alpha-Methyldopa
 -
 Catapresan® 
 Ebrantil® 
 Estulic® 
 Presinol®
 7. Vasodilatantien
 Hydralazin 
 Minoxidil
 -
 Nepresol® 
 Lonolox®
 8. Alpha-2-Rezeptorantagonisten
 Moxonidin
 -
 -
 Cynt® 
 Physiotens®
Tab. 15
Das Mittel der ersten Wahl zur Behandlung des hypertensiven Notfalls ist die orale Gabe von 5 mg Nifedipin als Zerbeißkapsel (z.B. Adalat®). Die Wirkung tritt innerhalb weniger Minuten ein. Bei ungenügender Wirkung werden 0,075 mg Clonidin (Catapresan®) langsam i. v. gegeben (Alternative: 25 mg Urapidil i. v. (Ebrantil®). In der Klinik kommen als weitere Therapiemaßnahmen die Gabe von Dihydralazin (Nepresol®), Diazoxid (Hypertonalum®) und unter intensivmedizinischer Überwachung Nitroprussid-Natrium (Nipruss®) sowie bei schwerer Niereninsuffizienz Hämodialyse bzw. Hämofiltration in Frage.
Medikamentöse Therapie
der akuten hypertensiven
Krise
Folgende Allgemeinmaßnahmen sind ebenfalls wichtig:
  ausreichende Nachtruhe,
  Vermeiden psychischer (beruflicher) Überlastung, 
  Nikotinverbot,
  Gewichtsabnahme bei Übergewicht (reduziert Insulinresistenz), 
  Einschränkung der Kochsalzzufuhr (5-7 g Natriumchlorid täglich),
  dosiertes körperliches Training (Radfahren, Schwimmen), 
  Kaffee, Tee und Alkohol (in kleinen Mengen) sind erlaubt.
Weitere allgemeine
Therapiemaßnahmen
 nach oben hoch
2.3.10 Hypotonie
Definition: Hypotonie bedeutet erniedrigter Blutdruck mit systolischen Werten in Ruhe < 100 mm Hg.
Icon
Bei leptosomen jüngeren Menschen findet sich relativ häufig ohne erkennbare Ursache ein niedriger Blutdruck, der meist auch keine Beschwerden bereitet, die sog. essentielle Hypotonie.
Die hypotone Regulationsstörung ist gekennzeichnet durch normalen Blutdruck im Liegen, während es im Stehen zu Blutdruckabfall, Verkleinerung der Blutdruckamplitude auf weniger als 20 mm Hg und Tachykardie kommt. Längeres Stehen kann zu Schwindel, Schwarzwerden vor den Augen, Schweißausbruch und durch Verkleinerung der zirkulierenden Blutmenge zum sog. orthostatischen Kollaps führen. Auch in der Rekonvaleszenz ist der Blutdruck häufig niedrig.
Eine Hypotonie kann auch Folge einer anderen, evtl. schwerwiegenden Erkrankung sein. So ist der Blutdruck erniedrigt bei stark vermindertem Herzzeitvolumen im Rahmen einer massiven Blutung, im Schock oder bei Herzinsuffizienz, sowie bei fortgeschrittenem Tumorleiden, Nebennierenrinden- und Hypophysenvorderlappen-Insuffizienz.
Ursachen und Symptome
Essentielle Hypotonie und hypotone Kreislaufregulationsstörungen können durch dosiertes körperliches Training gebessert werden. Eine medikamentöse Behandlung wird z.B. mit Dihydroergotamin (Dihydergot®) durchgeführt. In den übrigen Fällen ist die Therapie der Grunderkrankung entscheidend. Therapie
nach oben hoch
vorige Seite zurück
nächste Seite vor
Linus Geisler: INNERE MEDIZIN. 17. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart Berlin Köln
© 1969/1999 W. Kohlhammer Verlag
Autorisierte Online-Veröffentlichung: Homepage Linus Geisler - www.linus-geisler.de
Start  <  Monografien  <  Innere Medizin - Kap. 2  <   Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems - 2.3.9.3 bis 2.3.10 -