Mein Herz stand still —
Erfahrungen eines 53jährigen Arztes für
Allgemeinmedizin als Patient auf Intensivstationen:
"Der Herausgeber dieses Buches, mein
Freund, bat mich, meine Erfahrungen auf Intensivstationen mitzuteilen.
Zunächst stand ich dieser Bitte etwas zögernd gegenüber.
Je größer jedoch der zeitliche und gedankliche Abstand von meiner
Erkrankung wurde, um so leichter konnte ich mich entschließen, diesen
Bericht zu schreiben, einfach um allen Menschen, die dieses Buch lesen,
die Angst vor einer Intensivstation zu nehmen. Denn Intensivstation bedeutet
für viele Menschen und auch für viele meiner Kollegen Angst,
Ungewissheit und vielleicht Verzweiflung.
Am 25.12.1984, nach einem weihnachtlichen
Essen, bekam ich plötzlich sehr starke Schmerzen in der Herzgegend,
Schweißausbrüche und Schwindel. Die Schmerzen nahmen bedrohlich
zu, mich überfiel Todesangst. Ich ging an den Spiegel, sah mich schneeweiß
wie ein Leichentuch, mit Schweißperlen auf der Stirn, und mir war
völlig klar, was passiert war: Herzinfarkt. Aber ich wollte es nicht
glauben, ich wollte es nicht wahrhaben, dass mir so etwas passieren kann.
Im Notfallraum der Klinik sagte der
diensttuende Kollege, nachdem das EKG geschrieben war, kurz und bündig:
"ausgedehnter Vorderwandinfarkt". Ich verstand, und dann verließen
mich meine Sinne. Ich lag 10 Tage auf der Intensivstation, ohne das Bewusstsein
wiederzuerlangen. Ich wurde mehrfach reanimiert und defibrilliert. Kritisch
muss ich anmerken, man hätte mir zunächst die Diagnose, die "volle
Wahrheit" ersparen sollen. Vielleicht wäre dann mein Schock, der dadurch
ausgelöst worden sein kann, nicht so groß gewesen. Ich selbst
bin oft zu frischen Herzinfarkten gerufen worden. Alle meine Patienten
sind noch lebend ins Krankenhaus gekommen, da ich neben der notwendigen
medikamentösen Versorgung ihnen psychischen Beistand geleistet habe.
Ich habe sie getröstet, habe ihnen gesagt, dass dies alles zunächst
doch nicht so schlimm wäre, und die bange Frage des Patienten: "Ist
es denn ein Infarkt?" ausweichend beantwortet. Denn jeder weiß, was
ein Infarkt bedeutet, welche Gefahren er mit sich bringt.
Nach dem Aufwachen aus tiefster Bewusstlosigkeit
befand ich mich ein bis zwei Tage in einem Dämmerzustand, ich wusste
nicht, wo ich war. Ich war nicht voll orientiert, glaubte mich auf einer
Insel, kann mich aber noch erinnern an den Besuch meiner Familie auf der
Intensivstation. Und dann erinnere ich mich noch deutlich an das Durchgangssyndrom,
das ich erlebte: Ich beschuldigte meinen Freund, dass er mich falsch behandeln
würde. Ich würde aber nicht sofort den Staatsanwalt rufen, sondern
erst einen uns beiden bekannten Rechtsanwalt einschalten, damit die rechtliche
Situation geklärt würde. Gottlob dauerte dieses Durchgangssyndrom
nicht lange. Langsam war ich voll orientiert, erkannte meine Situation,
meine Umgebung und beobachtete sie.
Ich habe im Laufe der Zeit viele junge
sympathische Kollegen und liebenswertes, nettes Hilfspersonal auf der Intensivstation
gefunden. Ich behaupte, dass die Intensivschwestern und -pfleger alle gut
ausgebildete und ideal gesinnte junge Menschen sind. Sie arbeiten routiniert,
kennen jeden Handgriff, sind hilfsbereit, geduldig und nachsichtig mit
ihren Patienten. Sie fühlen mit den Schwerstkranken, die sie betreuen.
Sie leben unter ständigem Stress. Sie sind es, die als erste mit akuten
Verschlechterungen des Gesundheitszustandes bei den Patienten konfrontiert
werden. Sie wissen dies und fühlen sich manchmal stark überfordert.
Es haben viele Menschen während
dieser Zeit für mich gebetet, und ich bin sicher: Es hat geholfen.
Ich möchte hier auf die randomisierte Doppelblindstudie des Prof.
Dr. Randy BYRD der University of California hinweisen
(siehe Kapitel "Sprechen über Gott" ).
Der Wert der medizinischen Intensivpflege
mit ihrer hochtechnisierten Ausrüstung wird von Außenstehenden
und auch den Medien falsch beurteilt. Als betroffener Patient und auch
als Arzt beruhigte mich die Intensivstation sehr, wusste ich doch, dass
ich ständig kontrolliert wurde, dass bei Zwischenfällen alles
Notwendige vorhanden war. Die apparative Überwachung wirkte eher beruhigend
als beängstigend auf mich. Belastend fand ich Kleinigkeiten, wie Stuhlgang
im Bett auf dem Topf zu machen, den Blasenkatheter und den Dauertropf.
Auf Intensivstationen geht es nicht
nur steril und geschäftsmäßig zu. Es wird auch gelacht
und gescherzt. Auf meiner langen Reise über die Intensivstationen
traf ich viele Menschen, die mich meistens beeindruckt haben, und zwar
durchweg idealistisch gesinnte, aufgeschlossene, arbeitsame Intensivschwestern
und -pfleger, die in Gesprächen mir sagten, dass die Verantwortung
für sie ungeheuerlich wäre und innerlich kaum zu verkraften sei
und dass durch dieses dauernde Unterbesetztsein der Intensiveinheiten sie
nicht nur physisch, sondern auch psychisch sich überfordert fühlten.
Sie meinten, sie würden viel zuviel Substanz lassen müssen, so
dass man nur zwei bis drei Jahre in der Lage wäre, auf solch einer
Intensivstation zu arbeiten.
Am zweiten postoperativen Tag bekam
ich ein schweres, nicht erklärbares Lungenödem, so dass ich wieder
für 2 Tage intubiert werden musste. Ich habe am eigenen Leibe erfahren,
was es bedeutet, ein Lungenödem zu haben. Dieses qualvolle Ringen
nach Luft, dieses Defizit an Sauerstoff erzeugt ein ungeheures Enge- und
Angstgefühl im Menschen.
Ich hatte bei der Reintubation für
kurze Zeit die Besinnung verloren, und als ich wach wurde, konnte ich mit
Hilfe des Gerätes gut atmen und bekam gut Luft. Ich fühlte mich
wie im siebenten Himmel und war glücklich, wieder Luft zu bekommen.
Stimmlich konnte ich mich nicht verständlich machen, so dass ich meine
Wünsche und Bitten auf einer Tafel weitergeben musste.
Warum habe ich dieses alles nun geschrieben?
Ganz einfach, um Kollegen und Laien die Situation auf einer Intensivstation
zu erklären, Menschen die Angst vor dieser Situation zu nehmen, aber
auch gleichzeitig klarzumachen, wie diese segensreiche Institution sein
kann. Intensivstation bedeutet sicherlich große Hilfe, und jeder
sollte wissen, dass hier viele ideell eingestellte Menschen arbeiten."
Arzt und Helfer (das Behandlungsteam)
Wenn die "Wirklichkeit" des Patienten und
die des Behandlungsteams gesondert besprochen werden, so geschieht dies
vor allem aus didaktisch-systematischen Gründen. Tatsächlich
ist eine getrennte Betrachtung der Wirklichkeit beider Gruppen problematisch,
weil die übergreifende Wirklichkeit, in der sich beide befinden und
die das Muster ihrer Beziehung zueinander bestimmt, nicht erfasst wird.
KLAPP, der sich besonders intensiv mit den Strukturen der Beziehung zwischen
Patient und Behandlungsteam nicht nur theoretisch, sondern praktisch-klinisch
beschäftigt hat, betont dies nachdrücklich: "Aus dem Vorangegangenen
wird deutlich, dass der Patient nur künstlich allein zu betrachten
ist, ist er doch als solcher immer bezogen auf einen Behandlungskontext.
Das gleiche gilt für den zweiten Beziehungspartner, das Behandlungsteam."
Es liegt auf der Hand, dass Intensivmedizin
sich auch für Arzt und Pflegepersonal sehr unterschiedlich
darstellt.
Dies hängt mit den unterschiedlichen konkreten Maßnahmen zusammen,
die jede Gruppe am Krankenbett durchzuführen hat, mit unterschiedlichen
Kompetenzbereichen, unterschiedlichen Aufgabengebieten und unterschiedlichen
Befugnissen.
Im allgemeinen verfügt der Arzt
über
einen höheren Aktivitätsgrad, er ist berechtigt und häufig
gezwungen, weitreichende Entscheidungen zu treffen. Seine Kommunikation
mit dem Patienten wird mehr durch den Informationsaspekt als durch Beziehungselemente
bestimmt, der Kontakt zum Patienten ist wesentlich kürzer - und er
kann sich emotionell belastenden Situationen leichter entziehen. Wahrscheinlich
sind auch Erfolgserlebnisse häufiger und Schuldgefühle seltener.
Die Tätigkeit der Pflegekräfte
wird vorrangig und tiefgreifend
durch den ständigen Kontakt mit den Schwerstkranken und Sterbenden
geprägt. Nicht selten resultieren daraus "Gefühle des Versagens,
der Enttäuschung, der Trauer, Schuld, aber auch Ärgerreaktionen"
(B. F. KLAPP). So sind "die Schwestern und Pfleger am stärksten mit
den Patienten involviert und schwingen emotional häufig stark mit
..." (B. F. KLAPP).
Die Tätigkeit beider Helfergruppen
spielt sich zudem in einem Klima hochgespannter Erwartungen und maximaler
Ansprüche, besonderer Kompetenz und erhöhter Einsatzbereitschaft
ab. Eine "Gewöhnung" an die Extremsituationen der Intensivmedizin
tritt auch bei langjähriger Arbeit auf der Intensivstation nur begrenzt
auf. Sich im Klima einer Intensivstation auf Dauer in einer professionellen
"affektiven Neutralität" bewegen zu wollen, grenzt an Illusion. Sehr
viel eher kommt es zur Entwicklung von Bewältigungsstrategien,
mit
deren Hilfe die enormen Anforderungen erst erträglich werden. Gerade
das Pflegeteam befindet sich sozusagen "chronisch" in einer Belastungssituation
mit Dilemmacharakter: Ist die intensivmedizinische Behandlung erfolgreich
und wird der Patient auf die Normalstation verlegt, so wird quasi das "Erfolgserlebnis
entzogen", weil der Patient aus dem Blickfeld des Pflegepersonals gerät.
Stirbt der Patient, so wird sein Tod als Niederlage erlebt und löst
Schuldgefühle aus.
Hauptbelastungsfaktoren
des Behandlungsteams auf der Intensivstation
-
hohe physische und fachliche
Beanspruchung
-
Kommunikationsprobleme
-
Konfliktsituationen (Patient,
Team, Angehörige)
-
Zeitdruck
-
Ängste (fremde und eigene)
-
Enttäuschung
-
Versagens- und Schuldgefühle
-
Konfrontation mit der eigenen
Sterblichkeit
|
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Es gibt eine Reihe von Abwehrmechanismen,
die
sich beim Behandlungsteam entwickeln können und die natürlich
die Beziehung zum Patienten belasten:
-
"Vermeidung" des Patienten über
eine vermehrte Zuwendung zu den Apparaten;
-
"Verleugnung" auf affektiver Ebene
und das daraus resultierende Überspielen der belastenden Situation
durch rauen, distanzierten, unterkühlten Ton oder deplazierten Humor;
-
Aktivismus mit Überspringen depressiver
oder trauriger Stimmungen und damit verbundener emotionaler Rückzug;
-
Verschiebung, die sich beispielsweise
so äußern kann, dass Schwestern als größten Einzelstressfaktor
nicht das Sterben um sie herum, sondern "schweres Heben der Patienten"
angeben (B. F. KLAPP).
Die Beziehungsstruktur zwischen dem
Patienten
und
der Gruppe der Helfer wird durch 2 Elemente geprägt, durch
Asymmetrie und die Polarität von Aktiv und Passiv.
Abb.: Dimensionen in der
Begegnung Patient - Behandlungsteam. Ungleichheiten in den Behandlungsbeziehungen
und Rollen (-erwartungen) (B. F. KLAPP)
Folgende Beziehungsmuster, deren
Kenntnis bei der Lösung von Konflikten in der Begegnung Patient -
Behandlungsteam hilfreich sein kann, sind häufig anzutreffen (B. F.
KLAPP):
-
Der Patient erlebt die skizzierte Spanne
zwischen
ihm und dem Team in einem erträglichen Maß.
Dadurch wird
es ihm möglich, die Behandlung anzunehmen. Hoffnung, Anlehnung und
notwendige Regression können sich entfalten.
-
Der Patient erlebt die Beziehung zum Behandlungsteam
in einer scharfen Polarisierung. Daraus resultiert das Gefühl
der Bedrohung, gefolgt von starker Angst, verbunden mit tiefem Misstrauen
und dem krampfhaften Bemühen, eine Art Pseudoautonomie aufrechtzuerhalten.
Solche Patienten gelten dann als "schwierig" wegen ihrer Uneinsichtigkeit,
ihrer stark kontrollierenden Haltung und ihres Besserwissens. Reagiert
das Team auf dieses Beziehungsmuster mit betonter Dominanz, Bestimmung,
Kompetenz und Stärke, so spitzt sich die Situation in Art eines Circulus
vitiosus weiter zu (s. Kapitel "Gespräch mit dem sogenannten, 'schwierigen
Patienten'" ).
-
Die Probleme einer anderen Patientengruppe
resultieren aus ihrer Schwierigkeit, die Krankheit anzunehmen. Die
Patienten verleugnen ihre Ängstlichkeit und Depressionen, wirken schicksalsergeben
und nehmen äußerlich eine zuversichtlich ruhige Haltung ein.
Sie passen sich an die Situation in der Intensivstation an und wirken besonders
gefügig. Viele der Infarktpatienten gehören in diese Gruppe.
Häufig gelten die Kranken aus der Sicht des Teams als "Idealpatienten".
-
Ein weiteres sehr kritisches Beziehungsmuster
kann sich entwickeln, wenn die Regression des Patienten ausufert: Diese
Patienten neigen zu einer ausgeprägten Infantilvisierung, sie werden
von Angst geradezu überschwemmt und fühlen sich vollkommen abhängig
vom Behandlungsteam. Sie geraten in eine Situation, die von Hoffnungslosigkeit
geprägt ist, verbunden mit schweren Ängsten, dem Nichtannehmen
von Fortschritt und dem Nichtloskommen von der Intensivbehandlung. Reagiert
das Behandlungsteam auf dieses Verhalten mit gesteigerter Besorgnis und
Überaktivität, so resultiert daraus eine weitere Angstverstärkung.
Die dadurch verstärkte Anklammerung des Patienten kann schließlich
zu einer Abwendungshaltung bei dem Team führen.
In der Kenntnis dieser Beziehungsmuster, ihrer
Wurzeln und ihrer Auswirkungen liegt der Schlüssel zu einer nicht
von Gegenübertragungsängsten, -gefühlen und -gedanken geprägten
Verhaltensweisen des Teams. Sie unterstreicht die Wichtigkeit der Kommunikation
innerhalb des Behandlungsteams. Dazu KLAPP: "In dem Maße, in
dem das Behandlungsteam sich seinen eigenen Schwächen Ängsten,
Unsicherheiten, Versorgungswünschen, also auch seiner Hilfsbedürftigkeit
zu stellen und darüber zu verständigen vermag, wächst seine
empathische Potenz. Es kann so mit dem Patienten geschmeidiger umgehen,
rigide Bewältigungsstrategien und die sich aus ihnen leicht entwickelnden
skizzierten Beziehungsmuster modulieren."
Die Art, in der der Patient Angst und Stress
auf der Intensivstation bewältigt, wird also in hohem Maße von
der Haltung und den Aktivitäten des Behandlungsteams bestimmt.
"Gestorben am 15. August
1977 - |
erlöst am 1. Dezember
1979" |
Die Angehörigen
In dieser "Todesanzeige der Bitternis" wurde
in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 17. Dezember 1979 auf die Beerdigung
eines 15jährigen Schülers hingewiesen, der nach einem Badeunfall
wiederbelebt und über 2 Jahre auf einer Intensivstation behandelt
worden war.
Angehörige von Intensivpatienten
sind lange Zeit in sträflichster Weise vernachlässigt worden.
Informationen von größter Tragweite (Art der Erkrankung, Komplikationen,
Verlauf oder sogar Tod eines Angehörigen) wurden - und werden vielfach
noch immer - in Eile, unerträglich verkürzt, häufig im Stehen
auf Fluren neben der Intensivstation mitgeteilt. Dieses Verhalten resultiert
aus dem Unvermögen, zu erkennen und zu verstehen, welche Elemente
die Wirklichkeit und das Erleben der Angehörigen
von
Intensivpatienten bestimmen:
-
Häufig leiden die Angehörigen
an dem ungewissen Schicksal ihres Anverwandten sehr viel mehr als
der Patient
-
Es besteht ein ausgeprägtes Informationsbedürfnis
über
Zustand therapeutische Maßnahmen und Prognose, das nur ausnahmsweise
völlig befriedigt wird.
-
Informationen werden häufig in
großer Eile und von unterschiedlichen Mitgliedern des Behandlungsteams
gegeben.
-
Missverständliche oder widersprüchliche
Aussagen des Behandlungsteams wecken Angst, Unsicherheit, Misstrauen
und Aggressionen.
-
Mitbestimmt durch das Bild der Intensivmedizin
in der Öffentlichkeit werden die Auskunft gebenden Personen des Teams
häufig als "Unglücksboten" erlebt, an denen sich Ängste,
Zorn, Erregung und Aggressionen entladen.
-
Die Intensivbehandlung eines nahen Anverwandten
bedeutet für Angehörige vielfach nicht nur, dass ein Familienmitglied
vital bedroht ist, sondern dass sie sich selbst plötzlich in
einer kritischen Lebensphase befinden.
-
Prämorbid gestörte Konstellationen
innerhalb
der Familie erfahren eine scharfe Akzentuierung.
Grundzüge der Betreuung
Angehöriger von Intensivpatienten
-
Grundlage: Präsenz - Empathie
- Akzeptanz
-
Schock der "ersten Konfrontation"
mildern!
-
behutsame, einfache, warmherzige
Sprache
-
Hoffnung signalisieren
-
angemessener Gesprächsrahmen
(keine "Flurgespräche")
-
Reaktionsphase der Angehörigen
berücksichtigen (Verleugnung? Überaktivität? Resignation?)
-
Konstellation innerhalb der
Familie beachten
-
gleicher Informationsstand für
alle Angehörigen
-
keine widersprüchlichen
Auskünfte des Behandlungsteams
-
Versuch, Angehörige in
das Behandlungsteam zu integrieren
|
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Bei langwierigen Verläufen lassen
sich (F. G. MÜLLER und Mitarbeiter, zit. n. HANNICH u. Mitarb.) häufig
typische
Reaktionsmuster der Angehörigen beobachten, deren Kenntnis für
ihre Betreuung durch das Behandlungsteam von Bedeutung ist:
1. Phase:
Die Angehörigen versuchen, die zunächst
unerträglich wirkende Diagnose zu verleugnen, und weigern sich,
die Krankheit anzunehmen.
2. Phase:
Die Angehörigen wissen nun zwar,
dass der Patient vital bedroht ist oder sterben muss, glauben es aber nicht
und flüchten sich in verschiedenste Überaktivitäten.
3. Phase:
Auf die Phase der Überaktivitäten
folgt die Entmutigung. Die Angehörigen werden sich der ganzen
Tragweite des Geschehens bewusst, Überempfindlichkeit und Misstrauen
kommen auf.
4. Phase:
Überempfindlichkeit und Misstrauen
werden
zur Quelle zahlreicher teilweise belastender Fragen und Reaktionen: Wird
alles getan? Warum wird der Patient beatmet? Was haben die vielen Geräte
für einen Sinn? Ich bin mit der Schwester/Pfleger/dem Arzt unzufrieden:
Ich bekomme nur unzureichende Auskünfte!
5. Phase:
Sie ist gekennzeichnet, sowohl rational
als auch emotional, von Resignation.
Linus
Geisler: Arzt und Patient - Begegnung im Gespräch. 3. erw. Auflage,
Frankfurt a. Main, 1992
©
Pharma Verlag Frankfurt
Autorisierte
Online-Veröffentlichung: Homepage Linus Geisler - www.linus-geisler.de
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