Start  <  Monografien  <  Innere Medizin - Kap. 2  <   Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems - 2.2.4 bis 2.2.6 -
Linus Geisler: INNERE MEDIZIN © 1969/1999 W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart Berlin Köln 
2.2.4 Elektrokardiogramm (EKG)
2.2.5 Herzschall
2.2.6 Karotispulskurve
2.2.4 Elektrokardiogramm (EKG) 
_____
Die EKG-Kurve entsteht dadurch, dass die bei der Herztätigkeit auftretenden elektrischen Ströme erheblich verstärkt registriert werden. Normalerweise sind im EKG pro Herzaktion folgende Zacken bzw. Wellen und Meßstrecken erkennbar: P-Zacke, PQ-Strecke, QRS-Komplex, ST-Strecke, T-Welle, U-Welle (letztere nicht immer vorhanden). Das EKG stellt eine ausgezeichnete Methode dar, um Rhythmusstörungen, Überlastungen einzelner Herzabschnitte, Sauerstoffmangelzustände oder Stoffwechselstörungen des Herzens und Herzinfarkte zu beurteilen. Über die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Herzmuskels sagt es nichts oder nur indirekt etwas aus. Während einer Herzaktion zeigt das EKG beim Gesunden folgenden Ablauf (s. Abb. 5): Verschiedene
EKG-Abschnitte
Abb. 5: Normales EKG
Abb. 5
Abb. 5
Abb. 6: Verschiedene EKG-Befunde
Abb. 6
Abb. 6
1. Normaler EKG-Befund.
2. Absolute Arrhythmie mit Vorhofflimmern: Da die Vorhöfe mit einer Frequenz von 300/min oder mehr schlagen, erkennt man nur feine "Flimmerwellen". Die Kammerkomplexe (QRS) folgen einander in unregelmäßigen Abständen.
3. Das EKG zeigt eine eingestreute ventrikuläre Extrasystole (ES). Ventrikuläre Extrasystolen zeigen immer einen verbreiterten Kammerkomplex.
4. AV-Block II°. Nur der ersten und dritten P-Zacke folgt ein Kammerkomplex, der zweiten und vierten P-Zacke jedoch nicht. Das heißt, bei der zweiten und vierten P-Zacke (Vorhoferregung) wird die Erregung nicht auf die Kammern übergeleitet = AV-Block.
5. Das EKG zeigt Kammerflimmern, d.h. ein ungleichförmiges Wellenbild, wobei Amplitude und Frequenz ständig wechseln. Kammerflimmern bedeutet praktisch Kreislaufstillstand, d.h. höchste Lebensgefahr! Nach wenigen Minuten tritt der Tod ein. Sofortmaßnahme: Reanimation mit elektrischer Defibrillation.
6. Typisches Schrittmacher-EKG. Die Schrittmacherimpulse sind als dünne Striche zu erkennen (der erste ist mit SM gekennzeichnet). Jedem Schrittmacherimpuls folgt ein Kammerkomplex, der typischerweise breiter ist als normal = Elektrosystole. Eingestreut ist als vierte Aktion eine normale Eigenaktion, die nicht vom Schrittmacher ausgelöst  wurde.
7. EKG bei frischem Herzinfarkt: deutliche Q-Zacke und ausgeprägte Hebung der ST-Strecke.
Die P-Welle entspricht der Erregung der beiden Vorhöfe. Die PQ-Zeit (P-Beginn bis Q-Anfang) entspricht der Zeit vom Beginn der Erregung in den Vorhöfen bis zum Erregungsbeginn der Kammern. Die QRS-Gruppe, auch QRS-Komplex, Kammerkomplex oder Kammeranfangsschwankung genannt, ist Ausdruck der Erregungsausbreitung in den beiden Ventrikeln. Danach kommt die ST-Strecke, die in die meist positive, d.h. nach oben gerichtete T-Welle übergeht. ST-Strecke und T-Zacke stellen die Phase der Erregungsrückbildung der Kammern dar. Die Lage der ST-Strecke (z.B. gesenkt oder gehoben) spielt für die Beurteilung vieler pathologischer Befunde am Herzen, wie z.B. Koronarinsuffizienz, Herzinsuffizienz oder Perikarditis, eine große Rolle. Eine U-Welle ist nicht immer vorhanden; sie stellt die einzige elektrische Äußerung des Herzens während der Diastole dar.
Die sog. Standardableitungen (nach EINTHOVEN) I, II und III gewinnt man durch die Verbindung von jeweils zwei Extremitäten (daher auch Extremitätenableitungen). Ableitung I entsteht durch Verbindung des rechten Armes mit dem linken Arm, Ableitung II durch die Verbindung des rechten Armes mit dem linken Bein und Ableitung III durch die Verbindung des linken Beines mit dem linken Arm. Die Elektroden sind international folgendermaßen gekennzeichnet:
  rechter Arm: rot oder 1 Ring,
  linker Arm: gelb oder 2 Ringe,
  linkes Bein: grün oder 3 Ringe.
Die vierte Elektrode am rechten Bein dient der Erdung.
 
Standardableitungen
Merkregel: Ampelfarben,
im Uhrzeigersinn
beginnend mit rot für
den rechten Arm
Bei den unipolaren Ableitungen nach GOLDBERGER wird von einer Extremität gegen eine indifferente Elektrode abgeleitet, die Ausschläge werden mit aVL, aVR und aVF gekennzeichnet. Auch die Brustwandableitungen nach WILSON sind unipolar. Die sechs Ableitungspunkte V1-V6 reichen vom 4. Interkostalraum am rechten Brustbein (V1) bis zur mittleren Axillarlinie links (V6). Unipolare Ableitungen
Neben dem in Ruhe abgeleiteten EKG gibt es folgende weitere spezielle EKG-Untersuchungen:
  Belastungs-EKG,
  Langzeit-EKG,
  His-Bündel-EKG.
Spezielle EKG-
Untersuchungen
Das während und unmittelbar nach einer dosierten körperlichen Anstrengung abgeleitete Belastungs-EKG ist die wichtigste Untersuchungsmethode zum Nachweis einer Koronarinsuffizienz. Die körperliche Belastung kann mit folgenden Methoden erfolgen:
  Stufen-Test (Kletterstufe, Step-Test),
  Laufbandbelastung,
  Fahrradergometrie (am Häufigsten).
Belastungs-EKG
Benötigte Geräte sind: EKG-(Dreifach-) Schreiber, (automatische) Blutdruckmessvorrichtung, Notfallausrüstung (juristisch obligat), d.h. Defibrillator, Notfallmedikamente und Intubationsbesteck. Abgeleitet werden mindestens die Ableitungen V2, V5 und V6. Ein Testprotokoll mit Symptomerfassung ist notwendig. Die sog. Ausbelastungsherzfrequenz, die einer annähernd submaximalen Belastung entspricht, beträgt 200 minus Lebensalter, die maximale Herzfrequenz 220 minus Lebensalter. Die Kontraindikationen für ein Belastungs-EKG sind in s. Übersicht 5 aufgeführt.
Übersicht 5: Kontraindikationen für das Belastungs-EKG
  Herzinsuffizienz Grad IV NYHA,
  Herzinfarkt innerhalb der ersten 14 Tage,
  drohender Herzinfarkt,
  instabile Angina pectoris,
  schwere Hypertonie (systolisch > 210, diastolisch > 120 mm Hg),
  schwere Aortenklappenstenose,
  Myokarditis,
  schwere Herzrhythmusstörungen,
  alle akuten Krankheitszustände, die zu einer Dekompensation des Herzens führen können.
Übersicht 5
Kriterien für den Testabbruch beim Belastungs-EKG sind:
  Angina pectoris, schwere Atemnot, Claudicatio,
  Erreichen der individuellen Ausbelastungsfrequenz,
  komplexe Herzrhythmusstörungen,
  ST-Strecken-Senkung über 0,2 mV,
  mangelnder oder überhöhter Blutdruckanstieg.
Merke: Im Zweifelsfall genereller Testabbruch!
Icon
Das Langzeit-EKG erlaubt eine kontinuierliche EKG-Aufzeichnung über ein Bandspeichergerät bis zu 24 Stunden. Es eignet sich besonders zur quantitativen und qualitativen Erfassung von Extrasystolen über längere Zeiträume und unter verschiedenen Bedingungen, z.B. bei körperlicher Belastung, während beruflicher Tätigkeit, im Schlaf etc. Langzeit-EKG
Das His-Bündel-EKG wird über eine bipolare, transvenöse, in die rechte Herzkammer eingeführte Elektrode abgeleitet. Diese aufwendige Form der EKG-Registrierung wird zur Abklärung bestimmter komplizierter Herzrhythmusstörungen durchgeführt. His-Bündel-EKG
2.2.5 Herzschall
Das Phonokardiogramm, die Herzschallschreibung, dient der objektiven Registrierung von Schallphänomenen über dem Herzen und stellt eine wertvolle Ergänzung zur Auskultation mit dem Stethoskop dar.
2.2.6 Karotispulskurve
Die Karotispulskurve wird durch Aufsetzen eines mechanoelektrischen Pulsabnehmers an der Halsschlagader, der Arteria carotis, abgeleitet und mit einem EKG-Schreiber registriert. Bei Aortenklappenfehlern können typische Kurvenveränderungen beobachtet werden.
nach oben hoch
vorige Seite zurück
nächste Seite vor
Linus Geisler: INNERE MEDIZIN. 17. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart Berlin Köln
© 1969/1999 W. Kohlhammer Verlag
Autorisierte Online-Veröffentlichung: Homepage Linus Geisler - www.linus-geisler.de
Start  <  Monografien  <  Innere Medizin - Kap. 2  <   Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems - 2.2.4 bis 2.2.6 -