2.3.8
Koronare Herzkrankheit |
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Definition: Bei der
koronaren Herzkrankheit (KHK) handelt es sich um eine oder mehrere Verengungen
von Herzkranzgefäßen, die fast immer durch Arteriosklerose bedingt
sind. |
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Unter dem Begriff der koronaren
Herzkrankheit werden folgende Krankheitsbilder und Zustände zusammengefaßt:
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Koronarinsuffizienz
(Angina pectoris): Sie liegt vor, wenn der Sauerstoffbedarf des Herzmuskels
durch das Sauerstoffangebot nicht mehr gedeckt werden kann. Die Ursache
der Koronarinsuffizienz ist fast immer eine Koronarsklerose. |
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Herzinfarkt: Man
versteht darunter eine umschriebene Nekrose (Absterben von Gewebe) von
Herzmuskelgewebe, ausgelöst durch eine akute Mangeldurchblutung des
betroffenen Myokardbezirkes. |
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Herzinfarktfolgen
(Herzinsuffizienz, Herzwandaneurysma). |
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Zu den koronaren |
Herzerkrankungen zählen |
die Angina pectoris, |
der Herzinfarkt sowie |
dessen Folgen |
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Die koronare Herzkrankheit
äußert sich klinisch am häufigsten als Angina pectoris
oder als Herzinfarkt. Gelegentlich macht sie sich ausschließlich
durch Herzrhythmusstörungen, wie beispielsweise ventrikuläre
Extrasystolen, Salven oder Kammertachykardien, bemerkbar. Ca. 90% aller
sog. plötzlichen Todesfälle ("sudden death") sind auf eine koronare
Herzkrankheit zurückzuführen, wobei als eigentliche Todesursache
Kammerflimmern anzunehmen ist. Tödliches Kammerflimmern ist daher
nicht selten die erste und letze Manifestation einer koronaren Herzkrankheit.
Eine Herzinsuffizienz als Folge der insgesamt mangelhaften Sauerstoffversorgung
des Herzens kann sich bei koronarer Herzkrankheit ohne anamnestische Hinweise
auf eine Angina pectoris, Rhythmusstörungen oder einen umschriebenen
Herzinfarkt entwickeln. |
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Symptome |
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2.3.8.1
Angina pectoris |
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Definition: Als Angina
pectoris werden anfallsartige, kurzdauernde (3-10 min.) Herzschmerzen bezeichnet,
die durch eine Koronarinsuffizienz bedingt sind. |
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Man unterscheidet folgende
Formen
der Angina pectoris:
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Belastungs-Angina pectoris
(häufigste Form), |
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Ruhe-Angina pectoris (häufig
durch Koronarspasmen bedingt). |
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Einteilung |
Nach dem Verlauf werden
weiterhin unterschieden:
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Die stabile Angina pectoris
mit wiederkehrenden Anfällen, deren Häufigkeit, Dauer und Intensität
sich nicht wesentlich ändert. |
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Die instabile Angina
pectoris oder sog. Crescendoangina. Es kommt innerhalb weniger Tage
zu einer Zunahme von Häufigkeit, Schwere und Dauer der Angina pectoris-Anfälle.
Der Übergang in einen Status anginosus (Anfallsdauer länger als
20 Minuten) ist möglich. Da die instabile Angina pectoris in ca. 30%
der Fälle in einen Herzinfarkt übergeht, wird sie auch als Präinfarkt-Angina
bezeichnet. Sie stellt ein Alarm-Symptom dar und erfordert immer eine intensivmedizinische
Überwachung und Behandlung des Patienten. |
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Die Prinzmetal-Angina
pectoris; sie ist die seltenste Form einer Angina pectoris und tritt
meist in Ruhe auf. Wahrscheinlich wird sie durch Koronarspasmen hervorgerufen
und führt im EKG zu vorübergehenden Veränderungen wie bei
einem frischen Herzinfarkt. |
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Die sog. stumme Myokardischämie
geht ohne typische pektanginöse Beschwerden einher und ist wahrscheinlich
häufiger, als früher angenommen. Sie kann beispielsweise im Langzeit-EKG
erfasst werden, das - ohne klinische Beschwerden des Patienten - typische
Veränderungen aufweist. Stumme Myokardischämien nach einem Herzinfarkt
sind prognostisch besonders ungünstig. |
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Verlaufsformen |
Jeder Angina pectoris-Anfall
beruht auf einem akuten Missverhältnis zwischen dem Sauerstoffbedarf
des Herzens und dem zur Verfügung stehenden Sauerstoffangebot.
Ursache dieses Missverhältnisses ist meistens eine stenosierende Koronarsklerose,
seltener nur Spasmen der Herzkranzgefäße allein (Koronarspasmen).
Koronarspasmen können bei einer bereits bestehenden Koronarsklerose
zu einer zusätzlichen Verengung des Gefäßlumens führen.
Bei einem akuten Herzinfarkt liegt der Unterbrechung der Koronardurchblutung
meistens eine frische, das Lumen der Konorarie verschließende Thrombose
zugrunde. |
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Pathophysiologie |
Eine klassische und noch
heute gültige Beschreibung des Angina pectoris-Anfalls stammt aus
dem Jahre 1768 von dem englischen Arzt HEBERDEN: |
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Klinisches
Bild |
"Es gibt einen Brustschmerz,
der wegen seiner nicht alltäglichen Beschaffenheit eine besondere
Beschreibung verdient. Die Brust wird davon so beengt, daß er nicht
mit Unrecht Angina pectoris genannt werden könnte. Die von dieser
Krankheit Ergriffenen pflegen während des Gehens, besonders nach Besteigen
einer Anhöhe, oder gleich nach dem Essen von einer höchst unangenehmen
Brustbeklemmung befallen zu werden, die den nahen Tod droht, wenn sie sich
vermehren oder lange dauern würde. Sobald der Kranke stillsteht, vergeht
die Beklemmung in demselben Augenblick gänzlich. Der Schmerz zieht
sehr oft von der Brust nach dem linken Ellenbogen. Männer, die über
50 Jahre alt sind, werden vorzüglich von dieser Krankheit ergriffen." |
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Übersicht 13: Charakteristische
Symptome der echten Angina pectoris
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Auslösung vorwiegend
durch körperliche Belastung, aber auch durch seelische Erregung, Kälte
oder reichliche Mahlzeiten. |
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Retrosternale Lokalisation
mit Ausstrahlung zum linken (teilweise auch rechten) Arm, Rücken,
Hals, Unterkiefer oder Oberbauch (s. Abb. 19, S. 124). |
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Dauer: zwischen 3 und 10
min., |
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meist spontane Besserung
auf Nitroglyzerin in Form von Spray oder als Zerbeißkapsel (nitropositiv). |
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Übersicht
13 |
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Die Diagnose wird aus dem
klinischen Bild, durch typische pathologische Veränderungen im Belastungs-EKG
(ST-Streckensenkungen) und durch das Myokardszintigramm gestellt und letztlich
durch die Koronarographie gesichert. Mit der Koronarographie können
Lokalisation und Schwere der koronarsklerotischen Veränderungen und
Stenosen sowie die Zahl der betroffenen Herzkranzgefäße exakt
erfasst werden. Je nach Zahl der erkrankten Herzkranzgefäße
spricht man von einer Ein-, Zwei- oder Dreigefäßerkrankung bzw.
Mehrgefäßerkrankung. |
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Diagnose |
Der therapeutische Effekt
aller bei Angina pectoris wirksamen Pharmaka beruht darauf, daß sie
über verschiedene Mechanismen den Sauerstoffbedarf des Herzmuskels
reduzieren und durch Reduktion des Missverhältnisses zwischen Sauerstoffbedarf
und Sauerstoffangebot das Ausmaß der Koronarinsuffizienz verringern. |
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Therapiemaßnahmen |
Das
älteste und nach wie vor wirksamste Mittel im Angina pectoris-Anfall
ist das ansonsten als Sprengstoff verwendete Nitroglyzerin als Nitroglyzerin-Spray
oder Zerbeißkapsel (z.B. Adalat® 10 mg). Für die Dauerbehandlung
eignen sich länger wirkende Nitroglyzerinabkömmlinge, die sog.
Nitrate in einfacher oder retardierter Form, wie z. B. ISDN (Isosorbiddinitrat,
z.B. Isoket®) oder Isosorbid 5-Mononitrat (z.B. Ismo®, Coleb®
oder Mono Mack®). An zweiter Stelle stehen die Beta-Rezeptorenblocker,
die durch Hemmung des sympathischen Nervensystems den Sauerstoffverbrauch
des Myokards reduzieren (z.B. Dociton®, Beloc®, Visken®, Trasicor®,
Tenormin® u.v.a.). Als dritte Substanzgruppe werden die Calciumantagonisten
(z. B. Isoptin®, Adalat® oder Dilzem®) eingesetzt, die durch
ihre gefäßerweiternde Wirkung besonders bei Koronarspasmen günstig
sind. |
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Medikamente |
Die Behandlung der instabilen
Angina pectoris besteht in sofortiger Ruhigstellung und intensivmedizinischer
Behandlung des Patienten bei gleichzeitiger Gabe von Heparin und Nitraten
intravenös, Betarezeptorenblockern und Acetylsalicylsäure (100
mg/die). |
Koronarchirurgische Maßnahmen
kommen vor allem bei Patienten mit Stenosen des Hauptstammes der linken
Koronararterie und Mehrgefäßerkrankungen in Betracht, bei denen
medikamentös keine Beschwerdefreiheit zu erzielen ist. Inwieweit durch
koronarchirurgische Maßnahmen nicht nur eine Verbesserung der Lebensqualität,
sondern auch eine Lebensverlängerung erzielt werden kann, ist noch
Gegenstand der Diskussion. Bei einer Stenose des Hauptstammes der linken
Koronararterie kann allerdings die hohe jährliche Mortalitätsrate
von rund 30% durch eine Bypassoperation erheblich reduziert werden.
Wahrscheinlich profitieren Patienten mit einer Dreigefäßerkrankung,
die unter medikamentöser Therapie nicht beschwerdefrei werden, am
ehesten von einer Bypassoperation. Bei der Bypassoperation wird der stenosierte
Anteil des betroffenen Herzkranzgefäßes durch eine körpereigene
Vene umgangen. Auch die Implantation einer Brustkorbarterie (Arteria mammaria
interna) auf die betroffene Koronararterie distal der Stenose (sog. Vineberg-Operation)
gewinnt wieder an Bedeutung. Dieser Bypass wird als Arteria-mammaria-interna-Bypass
bezeichnet. Die Operation erfolgt unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine
in Hypothermie bei ca. 28-32° C. Die Operationssterblichkeit liegt
je nach Zahl der betroffenen Herzkranzgefäße sowie der Vorschädigung
des Myokards zwischen 1-2%. |
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Koronarchirurgische
Maßnahmen |
Bei der perkutanen transluminalen
Koronarangioplastie (PTCA oder Ballondilatation), die 1977 von GRÜNTZIG
entwickelt wurde, handelt es sich um ein nichtoperatives Verfahren zur
Behandlung der koronaren Herzkrankheit. Im Rahmen einer Herzkatheterisierung
wird ein Führungskatheter in die betroffene Koronararterie eingeführt.
Danach wird ein Dilatationskatheter bis zur Stenose nachgeschoben. Der
an der Spitze des Katheters sich befindende Ballon wird mit 5-12 Atmosphären
Druck für die Dauer von 3-4 Sekunden aufgeblasen. Dadurch werden das
atheromatöse Material in der Gefäßintima wandständig
komprimiert und die Koronararterie erweitert. Eine Aufdehnung der Stenose
mit Reduktion des Stenosedurchmessers unter 50% gelingt in ca. 90% der
Fälle. Ernsthafte Komplikationen wie Einrisse der Gefäßwand,
die eine Operation notwendig machen, oder ein akuter Myokardinfarkt sind
in etwa 3% der Fälle zu erwarten. Die Mortalität der PTCA liegt
bei etwa 1%, das Wiederauftreten von Stenosen innerhalb des ersten halben
Jahres bei 15-30%. Am besten eignen sich proximale, konzentrische, kurzstreckige,
nicht verkalkte Stenosen der Koronararterien (1-Gefäß-Erkrankung)
zur Ballondilatation. Zunehmend werden aber auch 2-Gefäß-Erkrankungen
dilatiert. Nach PTCA können auch sog. Stents aus Kunststoff
oder Metall in das Koronargefäß eingebracht werden, um einer
erneuten Stenosierung TMLR vorzubeugen. |
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PTCA |
Als neues Verfahren zeichnet
sich die transmyokardiale Laser-Revaskularisation (TMLR) ab. Mit
einem Kohlendioxid-Laser werden am offenen Herzen etwa 1 mm dicke Kanäle
in fast alle Herzabschnitte eingebracht, was zu einer verbesserten Durchblutung
des Myokards führt. |
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TMLR |
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Übersicht 14: Medikamentöse
und nichtmedikamentöse Therapiemöglichkeiten der KHK
Medikamente:
• Nitrate
• Betarezeptorenblocker
• Calciumantagonisten
• Acetylsalicylsäure
• Antikoagulantien
Nichtmedikamentöse Methoden:
• PTCA (ev. zusätzliche
Stent-Implantation)
• Aortokoronorar Venen-Bypass
(ACVB)
• A. mammaria interna-Implantation
• Transmyokardiale
Laser-Revaskularisation (TMLR) |
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Übersicht
14 |
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Die Prognose hängt
von der Lokalisation der Stenose und der Zahl der erkrankten Herzgefäße
ab. Die jährliche Mortalitätsrate beträgt bei 1-Gefäß-Erkrankungen
3-4%, bei 2-Gefäß-Erkrankungen 6-8% und bei 3-Gefäß-Erkrankungen
10-13%. Eine besonders ungünstige Prognose haben Stenosen des Hauptstammes
der linken Koronararterie mit einer jährlichen Mortalitätsrate
von ca. 30%. |
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Prognose |