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Linus Geisler: Arzt und Patient - Begegnung im Gespräch   © Pharma Verlag Frankfurt 
Das Gespräch beginnt 
Praktische Aspekte der Gesprächseröffnung
Das Gespräch beginnt
Der Gesprächsanfang, wenn Arzt und Patient sich zum erstenmal begegnen, ist häufig die schwierigste Phase ihrer Gesprächsbeziehung und richtungsweisend für alle weiteren Gespräche. Ähnlich wie der "erste Eindruck" bestimmend für den weiteren Verlauf zwischenmenschlicher Begegnungen sein kann, kann die Wirkung des "ersten Wortes" richtungsweisend für die Entwicklung des Arzt-Patienten-Verhältnisses werden.

Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient hat keine wirkliche Parallele. Beim Arzt setzt sie umfassendes Einfühlungsvermögen, Kompetenz und hohe Belastbarkeit voraus. Der Patient wiederum muss sich bis zu einem Grade mit seinen Problemen, Beschwerden und Ängsten offenbaren, wie dies gegenüber einem zunächst Fremden in kaum einer anderen Situation der Fall ist. Die Beziehung zwischen Arzt und Patient ist keine "gesellschaftliche Beziehung im gewöhnlichen Sinne" (FROEHLICH und BISHOP) und auch keine klassische Geschäftsverbindung, obwohl sie für beide Teile mit weitreichenden juristischen Implikationen verbunden ist.

Was geschieht, wenn Arzt und Patient sich zum erstenmal begegnen? Die Antwort auf diese Frage enthält zugleich den Schlüssel zum richtigen Gesprächsbeginn:

  • Es begegnen sich zwei zunächst Fremde, die aber möglichst rasch eine gemeinsame Vertrauensbasis finden sollen, welche die Lösung zum Teil sehr persönlicher Probleme ermöglicht.
  • Die Situation ist nicht ohne Spannung: Der Patient fragt sich, ob und welche Hilfe es für ihn gibt, der Arzt, welche Aufgabe sich für ihn stellt.
  • Der Patient kommt mit bestimmten Erwartungen; diese können realistisch, aber auch völlig irrational sein.
  • Häufig bestimmen Ängste und Hemmungen den Gesprächsanfang: Die Angst des Patienten vor dem, was auf ihn zukommen wird; Hemmungen, wenn es sich um sehr persönliche, schwierige oder tabuisierte Probleme handelt; der Zweifel des Arztes, ob er seiner Aufgabe gewachsen ist.
  • Eine Beziehung beginnt sich zu entwickeln, deren Bedeutung noch nicht absehbar ist. Zwischen einer kurzen und bald vergessenen Begegnung und einer Arzt-Patienten-Beziehung von schicksalhafter Reichweite sind alle Möglichkeiten offen.


Die obigen Antworten zeigen, worauf es beim Gesprächsbeginn ankommt:

  • Das Gefühl der Fremdheit muss rasch überwunden werden. Der Patient soll das Gefühl haben, dass er willkommen ist. Eine Anwärmphase und verbale "Eisbrecher" erleichtern den ersten Kontakt.
  • Der Patient muss Zeit bekommen, sich zu öffnen.
  • Von Anfang an muss das Verhalten des Arztes durch Zuwendung, Interesse und Freundlichkeit geprägt sein.
  • Der Patient muss gesichert und aufgeschlossen werden.
  • Missverständnisse, z.B. über die Rolle des Gesprächspartners oder das Gesprächsziel, müssen ausgeräumt werden.
  • Nonverbale Zeichen von Angst und Hemmung müssen erkannt und möglichst rasch abgebaut werden.
Die Devise des Gesprächsbeginns ist der "konstruktive Anfang" (R. BANG). Abgesehen von Notfallsituationen ist nicht die Gewinnung von Informationen oder die Problemlösung die vorrangige Aufgabe am Gesprächsbeginn, sondern die Herstellung einer stabilen Beziehung zwischen Arzt und Patient. Sie bildet auch die Basis für das Im-Gespräch-Bleiben. Die Bedeutung des Im-Gespräch-Bleibens darf nicht unterschätzt werden. Dies gilt für alle dialektischen Situationen. So ist beispielsweise die sogenannte große Politik ohne das Phänomen des Im-Gespräch-Bleibens undenkbar: Dort sind sich die Gesprächspartner im klaren, dass Abrüstungsverhandlungen, auch wenn sie sich über Monate und Jahre ergebnislos hinziehen sollten, immer noch besser sind als das schweigende Verharren in der Position "kalter Krieger". Dies steht nicht im Widerspruch zu dem Postulat, dass die originäre Aufgabe des Gesprächs zwischen Arzt und Patient die Problemlösung ist.

Das Gespräch zwischen Arzt und Patient wird um so ergiebiger sein, je besser der Arzt in der Lage ist, die freie Aussage des Patienten zu fördern. Wie kann dies erreicht werden? Die Antwort lautet: Beistand und Beruhigung - Empathie - emotionales Angebot.

Beistand stellt ein Verhalten dar, das dem Patienten Interesse, Teilnahme und Verständnis für sich und sein Problem signalisiert. Beruhigung erhöht die Sicherheit des Patienten und damit sein Selbstwertgefühl. Empathie bedeutet Anerkennung der Empfindungen und Gefühle des Patienten ohne Kritik, selbst wenn der Arzt sie nicht teilt (s. Kapitel Empathie Link). Durch das emotionale Angebot lässt der Arzt eine sachliche und zugleich warmherzige Anteilnahme erkennen. Sie ist nicht zu verwechseln mit Sentimentalität, Sympathie oder Mitleid. Der gelegentlich benutzte Begriff der "professionellen Nächstenliebe" sollte für das emotionale Angebot nicht benutzt werden, da es letztlich einen Widerspruch in sich selbst darstellt (so wenig wie professionelle Liebe etwas mit wahrer Liebe zu tun hat).

Das emotionale Angebot kann verbal und nonverbal erfolgen. Die einfachste nonverbale Form des emotionalen Angebots ist das Lächeln. Lächeln ist das Gegenteil von "Pokerface" und "Betongesicht". Es zählt zu den zuverlässigsten Eisbrechern und Gesprächsöffnern. Im Lächeln steckt eine schöpferische Kraft. Lächeln entspannt den Lächelnden selbst, Lächeln antagonisiert Hektik. Lächeln hat einen ausgeprägten ansteckenden Effekt, und es ist emotional überzeugend: Man lächelt niemandem zu, den man gefühlsmäßig ablehnt oder verachtet, den man nicht in seiner menschlichen Würde anerkennt oder in dem man einen unsympathischen Versager sieht. Man glaubt dem Helfer, der einem zulächelt, sein Interesse und Besorgtsein selbst dann, wenn er über beides nicht spricht" (R. BANG). Sich der Wirkung des Lächelns zu bedienen, bedeutet nicht, den Arztberuf als "Lächelberuf abzuqualifizieren.

Empathie entgegenzubringen und Verständnis zu signalisieren, bedeutet nicht, dem Patienten sachlich zuzustimmen. Bemerkungen wie: "Ich verstehe Sie völlig" können beim Patienten den Eindruck einer Zustimmung erwecken, die in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. Dennoch sind emotionales Angebot und Deutlichmachen von Verständnis auch in diesen Fällen möglich, beispielsweise durch Wendungen wie: "Aus Ihrer Sicht kann ich verstehen, dass Sie so darauf reagiert haben." Oder: "So wie Sie den Vorfall schildern, erscheint mir Ihr Verhalten durchaus begreiflich."

Eine der wichtigsten Regeln für den Gesprächsanfang stammt von Ruth BANG: "Anfangen, wo der andere steht!" Dies bedeutet zweierlei:

  1. Nicht anfangen, wo ich selbst stehe.
  2. Den Standort des Gesprächspartners erkennen und akzeptieren.
Neben der Ermittlung des äußeren Standorts (sozialer Status, Bildungsniveau usw.) ist die Bestimmung des inneren Standorts wesentlich: Welches sind die Wünsche, Erwartungen, Gedanken, Gefühle und Wertvorstellungen des Patienten? Wie erlebt er seine Krankheit? Wie sieht er sie retro- und prospektiv? Welche Lebensbereiche werden von seiner Erkrankung tangiert?

Je deutlicher der innere Standort des Patienten auszumachen ist, um so weniger besteht die Gefahr, sich im Gespräch quasi im Blindflug zu bewegen. Natürlich können nicht unerhebliche Widerstände von seiten des Patienten, wie Tarnung, Mangel an Selbstverständnis und konventionelle Klischees, die Bestimmung des inneren Standorts erheblich erschweren.

Ein 2. wichtiges Prinzip der Gesprächseröffnung besteht darin, dem Patienten von Anfang an eine aktive Rolle zu erlauben. Dies wird erleichtert durch die Methode des "offenen Anfangs".

Voraussetzung für den offenen Anfang ist eine überwiegend offene Fragetechnik, wobei sparsam eingesetzte geschlossene Fragen mehr der Steuerung der großen Linie dienen. Ein Bombardement mit geschlossenen Fragen kann rasch zur Verhärtung, innerlichem Rückzug oder Steckenbleiben in Oberflächlichkeiten führen. Ein derartiges "Fragenkorsett" (L.R. SCHMIDT) engt den Patienten ein und nimmt ihm die Möglichkeit, seine eigene Perspektive deutlich zu machen. Durch die freie Schilderung mit eigenen Worten wird die Gefahr verringert, dass der Patient dem Arzt statt eines patienten-spezifischen ein sogenanntes "arztgerechtes" Beschwerdebild von fragwürdigem Informationswert liefert. Hinzu kommt, dass die freie Form der Problemdarstellung eine deutliche Entlastungsfunktion besitzt.
 



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Praktische Aspekte der Gesprächseröffnung
Regeln zur Praxis der Gesprächseröffnung können nur mit großer Vorsicht aufgestellt werden, weil der Arzt gerade beim Gesprächsbeginn über einen weiten persönlichen Spielraum verfügen muss und die individuelle Situation des Gesprächsanfangs außerordentlich variabel ist. Es ist daher durchaus legitim und in bestimmten Fällen sogar notwendig, von den folgenden Empfehlungen abzuweichen.
 

Händedruck

Der Arzt sollte seinen Patienten mit Handschlag begrüßen. Dies gilt ganz besonders - im Gegensatz zu den angelsächsischen Ländern - für den deutschsprachigen Raum, wo eine Begegnung ohne Händedruck als distanziert und unterkühlt empfunden wird. Verbieten hygienische Bedenken den Händedruck, sollte der Arzt sein Verhalten dem Patienten gegenüber kurz begründen ("Ich würde Ihnen gern die Hand geben, aber wegen der Gefahr der Ansteckung ist dies leider nicht möglich."). Beim Händedruck begeben sich die Gesprächspartner in die sogenannte "persönliche Distanz" (s. Kapitel "Die richtige Distanz" Link). Engländer hingegen, die nicht viel vom Händeschütteln halten, nehmen bei der Begrüßung häufig von vornherein einen Abstand ein, der einen Handschlag sehr unbequem machen würde.

Der Handschlag ist eine Form des nonverbalen Angstabbaus bei der Begegnung von Menschen, die sich noch nicht kennen. Wer einem Menschen die Hand reicht, erlaubt ihm, und lässt erkennen, dass er ihm nicht feindlich gesonnen ist. Dabei ist die Hand "offen". Die Begrüßungsrituale unterscheiden sich in verschiedenen Kulturkreisen beträchtlich, umfassen aber alle die "Geste der offenen Hand". Sie signalisiert die friedliche Absicht und lässt im übertragenen Sinne erkennen, dass man keine Waffe trägt.

Der Händedruck besitzt im übrigen auch eine diagnostische Bedeutung. Ein schlaffer Händedruck bei lascher Körperhaltung und vermindertem Blickkontakt kann Ausdruck reduzierter Vitalität oder einer Depression sein. Der betont starke Handgriff ist häufig nur der Versuch, eine unsichere Haltung zu überdecken. Der Partner, der beim Händedruck die Hand nur schwach zwischen Finger und Daumen nimmt oder aber den Handteller so krümmt, dass kein voller Kontakt der Hände möglich ist, leidet wahrscheinlich ganz allgemein unter Kommunikationsproblemen. Wird der Oberarm nicht vom Körper gelöst, so kann dies auf eine Gefühlshemmung hinweisen oder den unbewussten Wunsch nach nahem Kontakt ausdrücken, weil dadurch die Distanz zwischen den sich Begrüßenden verringert wird. Begrüßt uns jemand mit ausgestrecktem Arm und kommt auf uns zu, so kann dieser oberflächliche Eindruck des "Entgegenkommens" täuschen: In Wirklichkeit wird unsere freie Bewegung dadurch blockiert, und wir selbst werden zur Zurückhaltung gezwungen (S. MOLCHO).
 

Vorstellung

Ist es für den Patienten nicht zweifelsfrei klar, wer sein Arzt ist und welche Funktion er ausübt, sollte sich der Arzt deutlich mit seinem Namen und seiner Funktion vorstellen. Dies gilt ganz besonders im Krankenhaus, wo der Patient meistens mit verschiedenen Ärzten konfrontiert wird. Untersuchungen haben gezeigt, dass Krankenhauspatienten sehr häufig weder wissen, wie ihr Arzt heißt, noch welche Aufgabe er erfüllt.

Die Beschreibung der Funktion sollte so einfach wie möglich erfolgen, also z.B.: "Frau Schneider, mein Name ist Dr. ...", meine Aufgabe ist es, bei Ihnen morgen die Narkose durchzuführen." "..., ich bin der Röntgenarzt und möchte jetzt Herz und Lungen durchleuchten...". Also nicht: "Ich bin der Anästhesist, Radiologe ..." usw. Der Arzt, der in der Klinik den Patienten in erster Linie betreuen wird, sollte dies gleich bei der Begrüßung zum Ausdruck bringen: "Herr Müller, ich bin Dr. X.Y., der Stationsarzt dieser Männerstation und der Ansprechpartner für Sie ... für Sie zuständig ... der Arzt, der Sie in erster Linie betreuen wird."
 

Empfang

Wie soll der Arzt den Patienten in der Sprechstunde empfangen? Die Antwort lautet: keineswegs, indem er am Schreibtisch sitzen bleibt, noch Eintragungen über den letzten Patienten macht und ohne Blickkontakt sagt: "Sie können sich schon mal setzen." Der Arzt sollte zumindest aus seinem Sessel aufstehen, den Patienten freundlich ansehen und ihn mit einer einladenden Handbewegung (offene Hand) zu sich bitten. Bleibt er hinter dem Schreibtisch, so kann das Gefühl einer Barriere zwischen Arzt und Patient entstehen. Der Empfang wirkt persönlicher, wenn man sein "persönliches Revier" verlässt und neben den Schreibtisch tritt. Noch einladender wirkt es, wenn man dem Patienten ein paar Schritte entgegen geht. Als nächstes sollte man dann dem Patienten Platz anbieten und ihn sich als Ersten setzen lassen.
 

Einleitende Worte

Ist uns der Patient noch unbekannt, und wissen wir auch nicht, weswegen er zu uns kommt, kann das Gespräch mit den allgemein gebräuchlichen Fragen, die gleichzeitig Gesprächsbereitschaft und Zuwendung unterstreichen sollen, eingeleitet werden, wie z. B.:
"Was kann ich für Sie tun?"
"Was führt Sie zu mir?"
"Was für ein Anliegen haben Sie?"
"Wie kann ich Ihnen helfen?"

Hier sind viele individuelle Modifikationen möglich. Die einleitende Frage:
"Wo fehlt es denn?" ist nicht besonders glücklich. Patienten reagieren darauf gelegentlich verständlicherweise mit der Gegenfrage: "Ich dachte, das werden Sie mir sagen, Herr Doktor."

Die Wendung: "Welches Problem führt Sie zu mir?" ist ebenfalls nicht günstig. Viele Patienten sind sich gar nicht bewusst, dass es tatsächlich Probleme sind, die sie zum Arzt führen und ihre Beschwerden sozusagen nur die "Verpackung" darstellen. Für andere ist der Begriff "Problem" ein Reizwort, das Abwehrhaltungen auslöst.

Manchmal haben Patienten bereits am Telefon angedeutet, worum es geht, oder mit der Sprechstundenhilfe über ihre Beschwerden gesprochen. Hier empfiehlt sich dennoch ein vorsichtiger Einstieg, weil man nicht sicher sein kann, ob die geklagten Beschwerden der wirkliche Konsultationsgrund sind oder nur als "Eintrittskarte" für die Sprechstunde gewählt wurden (FROEHLICH und BISHOP).

Hemmungen, über die eigentlichen Probleme zu sprechen, oder auch nur die Schwierigkeit, in Kürze das Wesentliche auszudrücken, können gerade am Gesprächsanfang zu sehr allgemeinen Formulierungen führen. In diesem Fall muss der Arzt durch Ermunterung und offene Zuwendung versuchen, die Konkretisierung des Anliegens voranzubringen.

Beispiel:
Arzt: "Was führt Sie zu mir, Frau Schneider?"
Patientin: "Ich kann einfach nicht mehr."
Arzt: "Das hört sich schlimm an. Können Sie mehr darüber erzählen?"

oder
"Erzählen Sie mit bitte doch genau, was Sie damit meinen."

Mögliche andere beruhigende und ermunternde Wendungen sind:
"Auch wenn es Ihnen schwer fällt, wir können in Ruhe über alles sprechen."
"Erzählen Sie mir einfach, was Ihnen als das Wichtigste erscheint."
"Versuchen Sie, mir in Ruhe zu erzählen, warum Sie gekommen sind - ich höre einfach zu."

Der richtige Blickkontakt zählt ebenfalls zu den ermunternden nonverbalen Ausdruckszeichen und ist gleichzeitig Ausdruck offener Zuwendung. Die richtige Blickhöhe ist die Augenhöhe. Wer beim Sprechen auf den Boden blickt, wirkt abweisend und undurchsichtig. Die Blickwendung nach oben (ein häufiges Phänomen bei schlechten Rednern, insbesondere Politikern) erweckt den Eindruck der Arroganz: Der Gesprächspartner fühlt sich "übersehen". Man soll den Gesprächspartner ansehen, während er spricht. Spricht man selbst, würde ein zu langer Blickkontakt beunruhigend wirken. Es ist besser, den Blick am Partner vorbeizulenken, z.B. auf die Hände oder den Schreibtisch.

Die Frage, ob sich der Arzt gleich zu Anfang des Gesprächs Notizen machen soll, muss differenziert beantwortet werden. Der Patient, der in der Initialphase besonderer Ermunterung und Unterstützung bedarf, könnte den Eindruck gewinnen, dass der Arzt, der Eintragungen in die Ambulanzkarte oder das Krankenblatt macht, nicht voll auf ihn eingestellt ist. Ganz allgemein wird es am Gesprächsbeginn günstiger sein, sich nicht gleich Notizen zu machen, sondern sich voll dem Patienten zuzuwenden. Andererseits kann man dem Patienten, der gerade eine innere Hemmschwelle überwinden muss oder emotional zu entgleisen droht, die Möglichkeit geben, sich kurz zu stabilisieren, indem man das Gespräch und den Blickkontakt unterbricht und einige Eintragungen macht (sog. kommunikative Pause).
 

Checkliste: Ursachen des missglückten Gesprächsanfangs

Äußere Umstände:

  • kein Händedruck, ungenügender Blickkontakt
  • Vorstellung unterlassen (falsche Vorstellung über Rolle/Funktion des Arztes)
  • ungünstiges Empfangsritual
  • falsche Sitzordnung oder Distanz
  • inadäquate Einleitungsfrage
  • geschlossene Fragetechnik (Fragenkorsett?)
  • falsches Sprachniveau
  • Hemmungen nicht ausreichend abgebaut
  • nonverbale Zeichen nicht beachtet
  • störende Umgebungsfaktoren (Lärm, Mitarbeiter, Telefon, Zeitdruck)
  • Lächeln und Freundlichkeit vergessen?
Gesprächstechnische und kommunikative Aspekte:
  • das "erste Knopfloch" verfehlt?
  • nicht dort begonnen, wo der Patient steht?
  • inneren Standort des Patienten nicht ermittelt?
  • ungenügendes Sichern und Aufschließen des Patienten?
  • mangelhaftes emotionales Angebot?
  • Induktion von Angst?
  • Erkennenlassen der eigenen Angst?
  • ungenügender Beistand?
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Linus Geisler: Arzt und Patient - Begegnung im Gespräch. 3. erw. Auflage, Frankfurt a. Main, 1992
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Autorisierte Online-Veröffentlichung: Homepage Linus Geisler - www.linus-geisler.de

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