Das Gespräch
beginnt
Der Gesprächsanfang, wenn Arzt und Patient
sich zum erstenmal begegnen, ist häufig die schwierigste Phase ihrer
Gesprächsbeziehung und richtungsweisend für alle weiteren Gespräche.
Ähnlich wie der "erste Eindruck" bestimmend für den weiteren
Verlauf zwischenmenschlicher Begegnungen sein kann, kann die Wirkung des
"ersten Wortes" richtungsweisend für die Entwicklung des Arzt-Patienten-Verhältnisses
werden.
Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient
hat keine wirkliche Parallele. Beim Arzt setzt sie umfassendes Einfühlungsvermögen,
Kompetenz und hohe Belastbarkeit voraus. Der Patient wiederum muss sich
bis zu einem Grade mit seinen Problemen, Beschwerden und Ängsten offenbaren,
wie dies gegenüber einem zunächst Fremden in kaum einer anderen
Situation der Fall ist. Die Beziehung zwischen Arzt und Patient ist keine
"gesellschaftliche Beziehung im gewöhnlichen Sinne" (FROEHLICH und
BISHOP) und auch keine klassische Geschäftsverbindung, obwohl sie
für beide Teile mit weitreichenden juristischen Implikationen verbunden
ist.
Was geschieht, wenn Arzt und Patient sich
zum erstenmal begegnen? Die Antwort auf diese Frage enthält zugleich
den Schlüssel zum richtigen Gesprächsbeginn:
-
Es begegnen sich zwei zunächst Fremde,
die aber möglichst rasch eine gemeinsame Vertrauensbasis finden sollen,
welche die Lösung zum Teil sehr persönlicher Probleme ermöglicht.
-
Die Situation ist nicht ohne Spannung:
Der Patient fragt sich, ob und welche Hilfe es für ihn gibt, der Arzt,
welche Aufgabe sich für ihn stellt.
-
Der Patient kommt mit bestimmten Erwartungen;
diese können realistisch, aber auch völlig irrational sein.
-
Häufig bestimmen Ängste und
Hemmungen
den Gesprächsanfang: Die Angst des Patienten vor dem, was auf ihn
zukommen wird; Hemmungen, wenn es sich um sehr persönliche, schwierige
oder tabuisierte Probleme handelt; der Zweifel des Arztes, ob er seiner
Aufgabe gewachsen ist.
-
Eine Beziehung beginnt sich zu entwickeln,
deren Bedeutung noch nicht absehbar ist. Zwischen einer kurzen und bald
vergessenen Begegnung und einer Arzt-Patienten-Beziehung von schicksalhafter
Reichweite sind alle Möglichkeiten offen.
Die obigen Antworten zeigen, worauf
es beim Gesprächsbeginn ankommt:
-
Das Gefühl der Fremdheit muss
rasch
überwunden werden. Der Patient soll das Gefühl haben, dass
er willkommen ist. Eine Anwärmphase und verbale "Eisbrecher" erleichtern
den ersten Kontakt.
-
Der Patient muss Zeit bekommen, sich
zu öffnen.
-
Von Anfang an muss das Verhalten des Arztes
durch Zuwendung, Interesse und Freundlichkeit geprägt sein.
-
Der Patient muss gesichert und aufgeschlossen
werden.
-
Missverständnisse, z.B. über
die Rolle des Gesprächspartners oder das Gesprächsziel, müssen
ausgeräumt
werden.
-
Nonverbale Zeichen von Angst
und
Hemmung müssen erkannt und möglichst rasch abgebaut
werden.
Die Devise des Gesprächsbeginns
ist der "konstruktive Anfang" (R. BANG). Abgesehen von Notfallsituationen
ist nicht die Gewinnung von Informationen oder die Problemlösung die
vorrangige Aufgabe am Gesprächsbeginn, sondern die Herstellung einer
stabilen Beziehung zwischen Arzt und Patient. Sie bildet auch die Basis
für das Im-Gespräch-Bleiben. Die Bedeutung des Im-Gespräch-Bleibens
darf nicht unterschätzt werden. Dies gilt für alle dialektischen
Situationen. So ist beispielsweise die sogenannte große Politik ohne
das Phänomen des Im-Gespräch-Bleibens undenkbar: Dort sind sich
die Gesprächspartner im klaren, dass Abrüstungsverhandlungen,
auch wenn sie sich über Monate und Jahre ergebnislos hinziehen sollten,
immer noch besser sind als das schweigende Verharren in der Position "kalter
Krieger". Dies steht nicht im Widerspruch zu dem Postulat, dass die originäre
Aufgabe des Gesprächs zwischen Arzt und Patient die Problemlösung
ist.
Das Gespräch zwischen Arzt und Patient
wird um so ergiebiger sein, je besser der Arzt in der Lage ist, die freie
Aussage des Patienten zu fördern. Wie kann dies erreicht werden?
Die Antwort lautet: Beistand und Beruhigung - Empathie - emotionales Angebot.
Beistand stellt ein Verhalten dar,
das dem Patienten Interesse, Teilnahme und Verständnis für sich
und sein Problem signalisiert. Beruhigung erhöht die Sicherheit
des Patienten und damit sein Selbstwertgefühl. Empathie bedeutet
Anerkennung der Empfindungen und Gefühle des Patienten ohne Kritik,
selbst wenn der Arzt sie nicht teilt (s. Kapitel
Empathie ).
Durch das emotionale Angebot lässt der Arzt eine sachliche
und zugleich warmherzige Anteilnahme erkennen. Sie ist nicht zu verwechseln
mit Sentimentalität, Sympathie oder Mitleid. Der gelegentlich benutzte
Begriff der "professionellen Nächstenliebe" sollte für das emotionale
Angebot nicht benutzt werden, da es letztlich einen Widerspruch in sich
selbst darstellt (so wenig wie professionelle Liebe etwas mit wahrer Liebe
zu tun hat).
Das emotionale Angebot kann verbal und
nonverbal erfolgen. Die einfachste nonverbale Form des emotionalen Angebots
ist das
Lächeln. Lächeln ist das Gegenteil von "Pokerface"
und "Betongesicht". Es zählt zu den zuverlässigsten Eisbrechern
und Gesprächsöffnern. Im Lächeln steckt eine schöpferische
Kraft. Lächeln entspannt den Lächelnden selbst, Lächeln
antagonisiert Hektik. Lächeln hat einen ausgeprägten ansteckenden
Effekt, und es ist emotional überzeugend: Man lächelt niemandem
zu, den man gefühlsmäßig ablehnt oder verachtet, den man
nicht in seiner menschlichen Würde anerkennt oder in dem man einen
unsympathischen Versager sieht. Man glaubt dem Helfer, der einem zulächelt,
sein Interesse und Besorgtsein selbst dann, wenn er über beides nicht
spricht" (R. BANG). Sich der Wirkung des Lächelns zu bedienen, bedeutet
nicht, den Arztberuf als "Lächelberuf abzuqualifizieren.
Empathie entgegenzubringen und Verständnis
zu signalisieren, bedeutet nicht, dem Patienten sachlich zuzustimmen. Bemerkungen
wie: "Ich verstehe Sie völlig" können beim Patienten den Eindruck
einer Zustimmung erwecken, die in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. Dennoch
sind emotionales Angebot und Deutlichmachen von Verständnis auch in
diesen Fällen möglich, beispielsweise durch Wendungen wie: "Aus
Ihrer Sicht kann ich verstehen, dass Sie so darauf reagiert haben." Oder:
"So wie Sie den Vorfall schildern, erscheint mir Ihr Verhalten durchaus
begreiflich."
Eine der wichtigsten Regeln für den
Gesprächsanfang stammt von Ruth BANG: "Anfangen, wo der andere steht!"
Dies bedeutet zweierlei:
-
Nicht anfangen, wo ich selbst stehe.
-
Den Standort des Gesprächspartners
erkennen und akzeptieren.
Neben der Ermittlung des äußeren
Standorts (sozialer Status, Bildungsniveau usw.) ist die Bestimmung des
inneren
Standorts wesentlich: Welches sind die Wünsche, Erwartungen, Gedanken,
Gefühle und Wertvorstellungen des Patienten? Wie erlebt er seine Krankheit?
Wie sieht er sie retro- und prospektiv? Welche Lebensbereiche werden von
seiner Erkrankung tangiert?
Je deutlicher der innere Standort des Patienten
auszumachen ist, um so weniger besteht die Gefahr, sich im Gespräch
quasi im Blindflug zu bewegen. Natürlich können nicht unerhebliche
Widerstände von seiten des Patienten, wie Tarnung, Mangel an Selbstverständnis
und konventionelle Klischees, die Bestimmung des inneren Standorts erheblich
erschweren.
Ein 2. wichtiges Prinzip der Gesprächseröffnung
besteht darin, dem Patienten von Anfang an eine aktive Rolle zu
erlauben. Dies wird erleichtert durch die Methode des "offenen Anfangs".
Voraussetzung für den offenen Anfang
ist eine überwiegend offene Fragetechnik, wobei sparsam eingesetzte
geschlossene Fragen mehr der Steuerung der großen Linie dienen. Ein
Bombardement mit geschlossenen Fragen kann rasch zur Verhärtung, innerlichem
Rückzug oder Steckenbleiben in Oberflächlichkeiten führen.
Ein derartiges "Fragenkorsett" (L.R. SCHMIDT) engt den Patienten ein und
nimmt ihm die Möglichkeit, seine eigene Perspektive deutlich zu machen.
Durch die freie Schilderung mit eigenen Worten wird die Gefahr verringert,
dass der Patient dem Arzt statt eines patienten-spezifischen ein sogenanntes
"arztgerechtes" Beschwerdebild von fragwürdigem Informationswert liefert.
Hinzu kommt, dass die freie Form der Problemdarstellung eine deutliche
Entlastungsfunktion besitzt.
Praktische Aspekte der Gesprächseröffnung
Regeln zur Praxis der Gesprächseröffnung
können nur mit großer Vorsicht aufgestellt werden, weil der
Arzt gerade beim Gesprächsbeginn über einen weiten persönlichen
Spielraum verfügen muss und die individuelle Situation des Gesprächsanfangs
außerordentlich variabel ist. Es ist daher durchaus legitim und in
bestimmten Fällen sogar notwendig, von den folgenden Empfehlungen
abzuweichen.
Händedruck
Der Arzt sollte seinen Patienten mit Handschlag
begrüßen. Dies gilt ganz besonders - im Gegensatz zu den angelsächsischen
Ländern - für den deutschsprachigen Raum, wo eine Begegnung ohne
Händedruck als distanziert und unterkühlt empfunden wird. Verbieten
hygienische Bedenken den Händedruck, sollte der Arzt sein Verhalten
dem Patienten gegenüber kurz begründen ("Ich würde Ihnen
gern die Hand geben, aber wegen der Gefahr der Ansteckung ist dies leider
nicht möglich."). Beim Händedruck begeben sich die Gesprächspartner
in die sogenannte "persönliche Distanz" (s. Kapitel "Die richtige
Distanz" ).
Engländer hingegen, die nicht viel vom Händeschütteln halten,
nehmen bei der Begrüßung häufig von vornherein einen Abstand
ein, der einen Handschlag sehr unbequem machen würde.
Der Handschlag ist eine Form des nonverbalen
Angstabbaus
bei der Begegnung von Menschen, die sich noch nicht kennen.
Wer einem Menschen die Hand reicht, erlaubt ihm, und lässt erkennen,
dass er ihm nicht feindlich gesonnen ist. Dabei ist die Hand "offen". Die
Begrüßungsrituale unterscheiden sich in verschiedenen Kulturkreisen
beträchtlich, umfassen aber alle die "Geste der offenen Hand". Sie
signalisiert die friedliche Absicht und lässt im übertragenen
Sinne erkennen, dass man keine Waffe trägt.
Der Händedruck besitzt im übrigen
auch eine diagnostische Bedeutung. Ein schlaffer Händedruck
bei lascher Körperhaltung und vermindertem Blickkontakt kann Ausdruck
reduzierter Vitalität oder einer Depression sein. Der betont starke
Handgriff ist häufig nur der Versuch, eine unsichere Haltung zu überdecken.
Der Partner, der beim Händedruck die Hand nur schwach zwischen Finger
und Daumen nimmt oder aber den Handteller so krümmt, dass kein voller
Kontakt der Hände möglich ist, leidet wahrscheinlich ganz allgemein
unter Kommunikationsproblemen. Wird der Oberarm nicht vom Körper gelöst,
so kann dies auf eine Gefühlshemmung hinweisen oder den unbewussten
Wunsch nach nahem Kontakt ausdrücken, weil dadurch die Distanz zwischen
den sich Begrüßenden verringert wird. Begrüßt uns
jemand mit ausgestrecktem Arm und kommt auf uns zu, so kann dieser oberflächliche
Eindruck des "Entgegenkommens" täuschen: In Wirklichkeit wird unsere
freie Bewegung dadurch blockiert, und wir selbst werden zur Zurückhaltung
gezwungen (S. MOLCHO).
Vorstellung
Ist es für den Patienten nicht zweifelsfrei
klar, wer sein Arzt ist und welche Funktion er ausübt, sollte sich
der Arzt deutlich mit seinem Namen und seiner Funktion vorstellen. Dies
gilt ganz besonders im Krankenhaus, wo der Patient meistens mit verschiedenen
Ärzten konfrontiert wird. Untersuchungen haben gezeigt, dass Krankenhauspatienten
sehr häufig weder wissen, wie ihr Arzt heißt, noch welche Aufgabe
er erfüllt.
Die Beschreibung der Funktion sollte so
einfach wie möglich erfolgen, also z.B.: "Frau Schneider, mein Name
ist Dr. ...", meine Aufgabe ist es, bei Ihnen morgen die Narkose durchzuführen."
"..., ich bin der Röntgenarzt und möchte jetzt Herz und Lungen
durchleuchten...". Also nicht: "Ich bin der Anästhesist, Radiologe
..." usw. Der Arzt, der in der Klinik den Patienten in erster Linie betreuen
wird, sollte dies gleich bei der Begrüßung zum Ausdruck bringen:
"Herr Müller, ich bin Dr. X.Y., der Stationsarzt dieser Männerstation
und der Ansprechpartner für Sie ... für Sie zuständig ...
der Arzt, der Sie in erster Linie betreuen wird."
Empfang
Wie soll der Arzt den Patienten in der
Sprechstunde empfangen? Die Antwort lautet: keineswegs, indem er am Schreibtisch
sitzen bleibt, noch Eintragungen über den letzten Patienten macht
und ohne Blickkontakt sagt: "Sie können sich schon mal setzen." Der
Arzt sollte zumindest aus seinem Sessel aufstehen, den Patienten freundlich
ansehen und ihn mit einer einladenden Handbewegung (offene Hand) zu sich
bitten. Bleibt er hinter dem Schreibtisch, so kann das Gefühl einer
Barriere zwischen Arzt und Patient entstehen. Der Empfang wirkt persönlicher,
wenn man sein "persönliches Revier" verlässt und neben den Schreibtisch
tritt. Noch einladender wirkt es, wenn man dem Patienten ein paar Schritte
entgegen geht. Als nächstes sollte man dann dem Patienten Platz anbieten
und ihn sich als Ersten setzen lassen.
Einleitende Worte
Ist uns der Patient noch unbekannt, und
wissen wir auch nicht, weswegen er zu uns kommt, kann das Gespräch
mit den allgemein gebräuchlichen Fragen, die gleichzeitig Gesprächsbereitschaft
und Zuwendung unterstreichen sollen, eingeleitet werden, wie z.
B.:
"Was kann ich für Sie tun?"
"Was führt Sie zu mir?"
"Was für ein Anliegen haben Sie?"
"Wie kann ich Ihnen helfen?"
Hier sind viele individuelle Modifikationen
möglich. Die einleitende Frage:
"Wo fehlt es denn?" ist nicht besonders
glücklich. Patienten reagieren darauf gelegentlich verständlicherweise
mit der Gegenfrage: "Ich dachte, das werden Sie mir sagen, Herr Doktor."
Die Wendung: "Welches Problem führt
Sie zu mir?" ist ebenfalls nicht günstig. Viele Patienten sind sich
gar nicht bewusst, dass es tatsächlich Probleme sind, die sie zum
Arzt führen und ihre Beschwerden sozusagen nur die "Verpackung" darstellen.
Für andere ist der Begriff "Problem" ein Reizwort, das Abwehrhaltungen
auslöst.
Manchmal haben Patienten bereits am Telefon
angedeutet, worum es geht, oder mit der Sprechstundenhilfe über ihre
Beschwerden gesprochen. Hier empfiehlt sich dennoch ein vorsichtiger Einstieg,
weil man nicht sicher sein kann, ob die geklagten Beschwerden der wirkliche
Konsultationsgrund sind oder nur als "Eintrittskarte" für die Sprechstunde
gewählt wurden (FROEHLICH und BISHOP).
Hemmungen, über die eigentlichen Probleme
zu sprechen, oder auch nur die Schwierigkeit, in Kürze das Wesentliche
auszudrücken, können gerade am Gesprächsanfang zu sehr allgemeinen
Formulierungen führen. In diesem Fall muss der Arzt durch Ermunterung
und offene Zuwendung versuchen, die Konkretisierung des Anliegens voranzubringen.
Beispiel:
Arzt: "Was führt Sie zu mir, Frau
Schneider?"
Patientin: "Ich kann einfach nicht mehr."
Arzt: "Das hört sich schlimm an.
Können Sie mehr darüber erzählen?"
oder
"Erzählen Sie mit bitte doch genau,
was Sie damit meinen."
Mögliche andere beruhigende und ermunternde
Wendungen sind:
"Auch wenn es Ihnen schwer fällt,
wir können in Ruhe über alles sprechen."
"Erzählen Sie mir einfach, was Ihnen
als das Wichtigste erscheint."
"Versuchen Sie, mir in Ruhe zu erzählen,
warum Sie gekommen sind - ich höre einfach zu."
Der richtige Blickkontakt zählt
ebenfalls zu den ermunternden nonverbalen Ausdruckszeichen und ist gleichzeitig
Ausdruck offener Zuwendung. Die richtige Blickhöhe ist die
Augenhöhe. Wer beim Sprechen auf den Boden blickt, wirkt abweisend
und undurchsichtig. Die Blickwendung nach oben (ein häufiges Phänomen
bei schlechten Rednern, insbesondere Politikern) erweckt den Eindruck der
Arroganz: Der Gesprächspartner fühlt sich "übersehen". Man
soll den Gesprächspartner ansehen, während er spricht. Spricht
man selbst, würde ein zu langer Blickkontakt beunruhigend wirken.
Es ist besser, den Blick am Partner vorbeizulenken, z.B. auf die Hände
oder den Schreibtisch.
Die Frage, ob sich der Arzt gleich zu Anfang
des Gesprächs Notizen machen soll, muss differenziert beantwortet
werden. Der Patient, der in der Initialphase besonderer Ermunterung und
Unterstützung bedarf, könnte den Eindruck gewinnen, dass der
Arzt, der Eintragungen in die Ambulanzkarte oder das Krankenblatt macht,
nicht voll auf ihn eingestellt ist. Ganz allgemein wird es am Gesprächsbeginn
günstiger sein, sich nicht gleich Notizen zu machen, sondern
sich voll dem Patienten zuzuwenden. Andererseits kann man dem Patienten,
der gerade eine innere Hemmschwelle überwinden muss oder emotional
zu entgleisen droht, die Möglichkeit geben, sich kurz zu stabilisieren,
indem man das Gespräch und den Blickkontakt unterbricht und einige
Eintragungen macht (sog. kommunikative Pause).
Checkliste: Ursachen des missglückten
Gesprächsanfangs
Äußere Umstände:
-
kein Händedruck, ungenügender
Blickkontakt
-
Vorstellung unterlassen (falsche Vorstellung
über Rolle/Funktion des Arztes)
-
ungünstiges Empfangsritual
-
falsche Sitzordnung oder Distanz
-
inadäquate Einleitungsfrage
-
geschlossene Fragetechnik (Fragenkorsett?)
-
falsches Sprachniveau
-
Hemmungen nicht ausreichend abgebaut
-
nonverbale Zeichen nicht beachtet
-
störende Umgebungsfaktoren (Lärm,
Mitarbeiter, Telefon, Zeitdruck)
-
Lächeln und Freundlichkeit
vergessen?
Gesprächstechnische und kommunikative
Aspekte:
-
das "erste Knopfloch" verfehlt?
-
nicht dort begonnen, wo der Patient
steht?
-
inneren Standort des Patienten nicht
ermittelt?
-
ungenügendes Sichern und Aufschließen
des Patienten?
-
mangelhaftes emotionales Angebot?
-
Induktion von Angst?
-
Erkennenlassen der eigenen Angst?
-
ungenügender Beistand?
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Linus
Geisler: Arzt und Patient - Begegnung im Gespräch. 3. erw. Auflage,
Frankfurt a. Main, 1992
©
Pharma Verlag Frankfurt
Autorisierte
Online-Veröffentlichung: Homepage Linus Geisler - www.linus-geisler.de
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